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gesetzliche Betreuung

 

Die Qualitätsdebatte oder auch soziale Gerechtigkeit

Dies ist ein Beitrag zum Thema Die Qualitätsdebatte oder auch soziale Gerechtigkeit im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Zitat: Zitat von Garfield Die Besprechung von Jahresberichten auf das Unterzeichnenlassen von Selbstverwaltungserklärungen zu beschränken, geht an jeder Qualitätsanforderung ja ...


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Alt 15.04.2025, 21:21   #31
Stammgast
 
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Zitat:
Zitat von Garfield Beitrag anzeigen
Die Besprechung von Jahresberichten auf das Unterzeichnenlassen von Selbstverwaltungserklärungen zu beschränken, geht an jeder Qualitätsanforderung ja wohl völlig vorbei.

Das habe ich nicht gesagt, dass ich das nur unterzeichnen lasse. Aber für einen Jahresbericht zu besprechen, brauche ich vielleicht 10 Minuten, das reicht.
Michael77 ist offline  
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Alt 16.04.2025, 15:41   #32
Admin/Berufsbetreuer
 
Benutzerbild von Imre Holocher
 
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Standard

Moin moin
Zitat:
Zitat von Garfield Beitrag anzeigen
Scannen ist auch Arbeit.
Wenn Papierordner vernünftig angelegt sind, muss man darin nicht länger herumstehen als in einem virtuellen Ordner.
Da stimme ich Dir in beiden Punkten zu.
Nach vielen Jahren in Papier wird mirin letzter Zeit der Stauraum im Archiv zu kostbar, weshalb ich auch auf Digitalisierung umgestiegen bin. Das macht erst mal zusätzliche Arbeit und es gilt auch zu überlegen: Was wird trotzdem aufgehoben und was nicht. Und wenn ja, dann wie lange...


Zitat:
Zitat von Garfield Beitrag anzeigen
Post ist in der Regel Eigentum von Betreuten. Sie nach dem Scannen einfach wegzuschmeißen statt sie abzuheften, ist kaum die richtige Lösung.
Ganz viel von der Post ist einfach Schrott und kann "weg".

"Weg" kann aber auch heißen, dass die Sachen dann an die Betreuten gehen, sofern sie damit einverstanden sind. Es sind allerdings die wenigsten meiner Betreuten, die mit den Unterlagen etwas anfangen können oder diese haben wollen. Ich würde ihnen sogar eine Reihe von Aktenordnern schenken.

Zitat:
Zitat von Garfield Beitrag anzeigen
Die Besprechung von Jahresberichten auf das Unterzeichnenlassen von Selbstverwaltungserklärungen zu beschränken, geht an jeder Qualitätsanforderung ja wohl völlig vorbei.
Das besprechen der Jahresberichte handhabe ich sehr unterschiedlich:
- Es gibt genug Betreute, die da gar keine Lust drauf haben, sich mit dem Bericht zu beschäftigen - die quäle ich auchnicht damit.

- Andere sind aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht in der Lage dazu. Also auch nix.
- Dann gibt es die Betreuten die wissen, dass jährlich ein Bericht geschrieben werden muss. Die frage ich auer auch schon mal zwischendurch, ob sie dieses oder jenes Thema im Bericht sehen wollen oder nicht - und wenn ja: mit welcher Position dazu. (Diese Betreuten sind dann aber auch schon überdurchschnittlich fit). Wenn sie wollen gibt dann auch noch mal ein Gespräch zu dem fertigen Bericht. Muss aber nicht.
- Bei allen anderen wird der Bericht abgesprochen und nur dann durchgekaut, wenn dies von ihnen gewünscht wird.

- Da bei den meisten dann auch die Rechnungslegung ansteht, wird diese gleichzeitig besprochen - egal, ob eine Eigenverwaltungserklärung notwendig ist oder nicht.



Die Dauer des Gespräches ist unterschiedlich - aber im Algemeinen eher nicht so lang. Die eigentlichen Kontakte und Gespräche der Betreuung laufen ja im während des Berichtszeitraumes. Da soll ja auch die Betreuung stattfinden - und nicht in der Berichtsbesprechung.


Mit freundlichen Grüßen
Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen
und daraus zu lernen.
Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen.
Imre Holocher ist offline  
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Alt 18.04.2025, 08:56   #33
Held der Arbeit
 
Registriert seit: 24.11.2017
Ort: NRW LWL Bezirk
Beiträge: 413
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Also das Thema Qualität in der Betreuung geht ja immer in Verbindung mit passender Vergütung einher. Wir diskutierten häufig um Begriffe. Für Brutto 102 €, Netto 60 € (abzüglich weiteren Kosten) also effektiv 40-50 €? darf man halt eigentlich keine Qualität erwarten.

Dann aber seitens der Justiz/ Politik sogar studierte, jährlich fortgebildete, sozial engagierte, emphatische Berufsbetreuer für erwarten, ist in meinen Ohren ein Witz.

Wer bewegt sich im Monat eine Stunde für Netto 40-50 €? Eventuell der Nachbarjunge zum Rasenmähen. Ansonsten kein einziger ausgelernter Beruf.

Die Lösung des kleinen Mannes lautet mehr Fälle annehmen, weniger schimpfen.... ich "praktiziere" das (leider) selbst so. Ich sage wirklich selten Nein zu Fällen. Eine Lösung, eine gerechte Vergütung, mehr Qualität usw. bringt das nicht. Auch der Ansatz mit mehr Digitalisierung ändert nichts an dem Punkt. Das versuche ich auszudrücken. Egal ob ich 100 Akten scanne, oder im Büro liegen habe. Die Lösung darf/ sollte nicht sein, dass man sich mit Fällen zubomben muss und seine Wochenenden opfert. Oder wie heute Feiertage...

Die Lösung der gerechten Vergütung/ Qualitätsdebatte ist auch nicht schneller arbeiten und das doppelte in der selben Zeit leisten müssen. Jeder darf sich ja selbstständig mehr aufhalsen, aber "müssen" sollte man das nicht.

-> Das habe ich aber schon in 5-6 Beiträgen wiederholt. Ich glaube nicht, dass wir im Forum damit weiterkommen?


Wenn du Qualität komplett losgelöst von Vergütung besprechen müsstest, wäre ich wieder raus. Ich möchte nach den Änderungen der letzten Jahre nicht noch mehr Pflichten und Arbeit aufgedrückt bekommen, damit alle anderen Berufsgruppen weniger Arbeit haben.


PS:
Ich hab mich letztens gefragt, welchen Betreuer ich selbst im Unfall/ Pflegefall haben möchte. Wer soll mich für 103 € im Monat betreuen dürfen und was soll ich von ihm dafür in unserem System erwarten können? Schwierig, oder?
__________________
Da man im Leben nie auslernt, dürfen Beiträge beliebig kommentiert, hinterfragt, berichtigt werden.

Geändert von Mucki (18.04.2025 um 09:08 Uhr)
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Alt 18.04.2025, 20:04   #34
Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 21.02.2008
Ort: Hessen
Beiträge: 1,309
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Achtung, Tapete!

Dieser Faden hat mich dazu gebracht, mal darüber zu sinnieren, wie ich meine Anforderungen an die Qualität der rechtlichen Betreuung definieren würde.

Es sind für mich im Wesentlichen folgende Kriterien:

Professionalität:

-Ich muss die Gesetze, Handhabungen und Vorgehensweisen mit denen ich im Rahmen meiner Berufsausübung in Berührung komme, kennen oder ad hoc im notwendigen Ausmaß kennenlernen. Ich habe im Sozialrecht, und im Betreuungsrecht fachlich stets auf der Höhe zu sein.

-Ich grenze mich persönlich von der Klientel aber auch von anderen, im gleichen Zusammenhang professionell Tätigen ab. Das muss mich nicht daran hindern, auch meine menschliche Seite zu zeigen. Das „Sie“ ist die einzige denkbare Anrede. Von Betreuten erwarte ich das nicht immer (z. B geistig behinderte Menschen, dürfen mich so anreden, wie sie es können, ich sieze sie allerdings auf jeden Fall).

-Jedes Anliegen der Kunden ist wichtig. Muss ich die Erledigung von Anliegen aus Gründen des Aufgabenkreises, oder weil es gut selbst erledigt werden kann ablehnen, erkläre ich das, zeige Alternativen auf und prüfe zudem, ob mein Aufgabenkreis erweitert werden müsste.

-Ich mache von meinem dicken Fell Gebrauch, bin möglichst unempfindlich und nehme möglichst nichts persönlich (außer Lob natürlich, aber auch da bin ich zurückhaltend). Ich lasse mir aber keine offenen Unverschämtheiten oder Beleidigungen gefallen. Fehler gebe ich zu und leiste Wiedergutmachung.

- Was an notwendiger Arbeit anfällt, muss ich erledigen. Macht mir jemand gerade viel notwendige Arbeit, ist das mein Pech. Das ist unser Deal mit dem Gesetzgeber.


Nichtamtliches Auftreten:

Weder meiner Klientel noch Sonstigen gegenüber geriere ich mich amtlich oder hoheitlich. Es stünde mir auch gar nicht zu. Ich sehe mich als Teil einer Hilfestruktur, in der ich vor allem Aufgaben zu erledigen habe. Meinen Klienten nähere ich mich weder von oben noch von unten her. Ich bin zur Seite gestellt und dort arbeite ich.


Nebenbei: wenn neue KollegInnen schon ab fünf Betreuten anfangen, als "Betreuungskanzlei" zu firmieren, erwarte ich nichts Gutes. Weder für die Betreuten noch für sonst jemanden.


Ansprechbarkeit:

Sie ist für mich ein sehr hohes Qualitätskriterium. Über die Dauer meiner Tätigkeit habe ich gelernt, dass Betreuungen besser und tatsächlich weniger aufwändig laufen, wenn ich mich gut ansprechbar für die Kundschaft halte. Das heißt bei mir konkret: man kann mich gut erreichen und ich melde mich -wenn auch oft nur kurz- zurück, wenn dies gewünscht wird. Man sieht mich relativ oft persönlich, außer man wünscht es ausdrücklich nicht.
Dies aufrechtzuerhalten, ermöglicht mir die Digitalisierung und die sonstige sinnvolle Nutzung technische Errungenschaften, indem dadurch die erforderlichen zeitlichen Ressourcen freigemacht werden. Mein Büro ist ziemlich konsequent durchdigitalisiert, ein überragender zeitlicher Vorteil trat hierbei ca. nach 1,5 Jahren zutage und setzt sich seither fort (Ich habe 2014 damit begonnen).

Ich kann immer und überall arbeiten. Fällt mir ein Termin aus, oder sitze ich wartend irgendwo herum, kann ich nahtlos weiterarbeiten. Autofahrten nutze ich fast durchgehend für Telefonate. Ein simples Headset im Büro ermöglicht mir zu telefonieren, während ich nebenbei Unterlagen versende oder scanne oder Rechnungslegungsbelege sortiere. Oder auch Briefe schreibe.

Und ich fahre tatsächlich proaktiv auch mal bei Kunden vorbei, die ich länger nicht gesehen habe, weil sie nicht gemuckst haben. Ich mache das, wenn es sich gerade zeitlich und örtlich anbietet und das erspart mir viele Extrafahrten. Gar nicht selten kann ich dabei ungünstige Entwicklungen frühzeitig wahrnehmen und das Kind noch schaukeln, damit es nicht in den Brunnen fällt. Das spart in der längerfristigen Betrachtungen wirklich viel Zeit, auch weil „der Draht“ nicht abreißt.


Verlässlichkeit:

Wenn ich (leichtfertig) zusage, dass ich etwas übernehme, dann muss ich es erledigen. Wenn ich eine Rückruf zusage, muss er erfolgen. Wenn ich sage, ich komme, dann muss ich kommen. Leere Worte darf ich mir als rechtlicher Betreuer nie erlauben.




Soweit also meine Schlagworte:
Professionalität, Nichtamtliches Auftreten, Ansprechbarkeit, Verlässlichkeit

Es sind wie gesagt meine persönlichen Kriterien. Dass man nebenbei respektvoll und authentisch sein sollte, muss wohl nicht extra erwähnt werden.

Das Ganze wirtschaftlich und lukrativ betreiben zu können, wird bekanntermaßen immer schwieriger.



Daher ist eines meiner bisherigen Qualitätskriterien tatsächlich weggefallen.


Es hieß für mich immer: Wer Betreuung benötigt, soll Betreuung bekommen.
Ich habe alle Fälle angenommen, für die ich mich fachlich geeignet fühlte, egal welcher Ausprägung. Es führte dazu, dass fast nur noch „Klopper“ bei mir landeten. Das geht nicht mehr.



Ich bin dabei, die Mischung meines Kundenstamms zu verbessern, indem ich den Anteil „leichterer“ Fälle erhöhe, aber natürlich auch weiterhin „Klopper“ nehme. Ich sehe in der besseren und ja: gerechteren Verteilung harter Fälle unter allen Betreuer*innen Potential, insgesamt Qualität einigermaßen zu ermöglichen und Auskömmlichkeit für die Betreuer zu begünstigen.

Der Gesetzgeber muss das Seinige tun, uns finanziell besser und verlässlicher zu vergüten. Der gelegentlich von Experten vertretene Ansatz, wir sollten netto in etwa bei dem herauskommen, was angestellte SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen verdienen, ist weltfremd und zeugt davon dass diese Experten auf dem Teilgebiet, tatsächlich selbständiger Berufsbetreuer zu sein oder gewesen zu sein, unerfahren sind und sich hierzu besser eigene Einschätzungen verkneifen sollten.

Geändert von Flafluff (18.04.2025 um 20:19 Uhr)
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Alt 22.04.2025, 19:12   #35
Berufsbetreuerin
 
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Zitat:
Zitat von Mucki Beitrag anzeigen
Ich hab mich letztens gefragt, welchen Betreuer ich selbst im Unfall/ Pflegefall haben möchte. Wer soll mich für 103 € im Monat betreuen dürfen und was soll ich von ihm dafür in unserem System erwarten können? Schwierig, oder?

Das ist eine Frage, auf die ich selbst keine Antwort habe. Es gibt schon die 1, 2 Kolleginnen, die ich mir als Betreuerinnen wünschen würde - die sind aber bereits deutlich über 60 und eine davon baut ihren Fallbestand aktuell ab. Das wäre also keine praktikable Lösung.
Beide gehören zur altmodischen Spezies der Vielkümmerer.


Zu allem, was du sonst noch schriebst: Ja.
Garfield ist offline  
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Alt 22.04.2025, 19:30   #36
Stammgast
 
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Zitat:
Zitat von Mucki Beitrag anzeigen
Also das Thema Qualität in der Betreuung geht ja immer in Verbindung mit passender Vergütung einher. Wir diskutierten häufig um Begriffe. Für Brutto 102 €, Netto 60 € (abzüglich weiteren Kosten) also effektiv 40-50 €? darf man halt eigentlich keine Qualität erwarten.

Dann aber seitens der Justiz/ Politik sogar studierte, jährlich fortgebildete, sozial engagierte, emphatische Berufsbetreuer für erwarten, ist in meinen Ohren ein Witz.

Wer bewegt sich im Monat eine Stunde für Netto 40-50 €? Eventuell der Nachbarjunge zum Rasenmähen. Ansonsten kein einziger ausgelernter Beruf.

Die Lösung des kleinen Mannes lautet mehr Fälle annehmen, weniger schimpfen.... ich "praktiziere" das (leider) selbst so. Ich sage wirklich selten Nein zu Fällen. Eine Lösung, eine gerechte Vergütung, mehr Qualität usw. bringt das nicht. Auch der Ansatz mit mehr Digitalisierung ändert nichts an dem Punkt. Das versuche ich auszudrücken. Egal ob ich 100 Akten scanne, oder im Büro liegen habe. Die Lösung darf/ sollte nicht sein, dass man sich mit Fällen zubomben muss und seine Wochenenden opfert. Oder wie heute Feiertage...

Die Lösung der gerechten Vergütung/ Qualitätsdebatte ist auch nicht schneller arbeiten und das doppelte in der selben Zeit leisten müssen. Jeder darf sich ja selbstständig mehr aufhalsen, aber "müssen" sollte man das nicht.

-> Das habe ich aber schon in 5-6 Beiträgen wiederholt. Ich glaube nicht, dass wir im Forum damit weiterkommen?


Wenn du Qualität komplett losgelöst von Vergütung besprechen müsstest, wäre ich wieder raus. Ich möchte nach den Änderungen der letzten Jahre nicht noch mehr Pflichten und Arbeit aufgedrückt bekommen, damit alle anderen Berufsgruppen weniger Arbeit haben.


PS:
Ich hab mich letztens gefragt, welchen Betreuer ich selbst im Unfall/ Pflegefall haben möchte. Wer soll mich für 103 € im Monat betreuen dürfen und was soll ich von ihm dafür in unserem System erwarten können? Schwierig, oder?
Also ich halte diese Betrachtung mit den 102 EUR im Monat für komplett falsch. Alles in allem ist es eine Mischkalkulation. in 80% unserer Fälle passiert nicht wahnsinnig viel. Und selbst wenn man die Heimfälle für 102 Euro isoliert betrachtet, dann hat man doch viele Monate dabei, in denen auch nichts anfällt, außer der regelmäßige Besuch.

Wobei ich Kollegen kenne, die nicht mal die Leute im Heim besuchen, die rufen vierteljährlich an und verlassen sich auf die Auskunft der Mitarbeiter des Pflegeheims. Meines Erachtens eine klare Pflichtverletzung. Da frage ich mich, was die in den Bericht schreiben. Aber selbst wenn sie die Wahrheit schreiben, befürchte ich, dass die Gerichte die Berichte einfach durchwinken.

Daneben muss sich jeder fragen, wenn die Bezahlung doch so mies ist, wieso macht er überhaupt den Job? Aus reiner Selbstausbeutung? Wohl kaum.
Michael77 ist offline  
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Alt 22.04.2025, 20:50   #37
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@Flafluff
Das sind hehre Ansprüche. Klingt für mich super. Ich frage mich allerdings ohne jede Ironie, wie lange man das mit wie vielen Klienten durchhalten kann, ohne entweder die eigenen Qualitätsansprüche herunterzuschrauben oder einen Herzinfarkt oder Depressionen zu erleiden und/oder die eigene Freizeit komplett zu opfern.

Das ist keine Kritik an dir. Ich kann nur sagen: ich würde das mit 50 Betreuten nicht schaffen und ich kenne, glaube ich, auch niemanden, die/der es ohne Hilfe, sprich Angestellte, schafft.
Garfield ist offline  
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Alt 22.04.2025, 21:25   #38
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Moin moin


Den Anspruch von Flafluff halte ich für hoch, aber auch für angemessen, wenn man qualitativ gute Arbeit leisten will.

Und ja, da sollte man schon nicht ganz alleine arbeiten, wenn man 50 Betreute hat.

Und auch ja: Da geht schon eine Menge Freizeit drauf und der Cardiologe freut sich über klingelde Kassen, wenn man seine Arbeit nicht gründlich durchorganisiert hat.

Es kann also so oder so sein.


Andererseits: Mit einer großen Erfahrung, viel Routine und Gelassenheit bekommt man das auch hin, wenn man sich eine gute Mischung an KundInnen erarbeitet hat. Die Arbeit wird einfach weniger, wenn viele Knaller auf die Dauer recht ruhig geworden sind und man sich kennt. Dann sind Krisen oder plötzlich aufpoppende Handlungsbedarfe mit viel weniger Aufwand zu beherrschen als vor 10 oder 20 Jahren.

Auch ruhig gewordene Knaller sind kein Grund für eine Betreuungsabgabe an Ehrenamtliche. ...oder berufliche KollegInnen: auch ruhige Knaller können wieder kregel werden - Päng.


Mit freundlichen Grüßen
Imre
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Alt 22.04.2025, 21:32   #39
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Zitat:
Zitat von Michael77 Beitrag anzeigen
Also ich halte diese Betrachtung mit den 102 EUR im Monat für komplett falsch. Alles in allem ist es eine Mischkalkulation. in 80% unserer Fälle passiert nicht wahnsinnig viel. Und selbst wenn man die Heimfälle für 102 Euro isoliert betrachtet, dann hat man doch viele Monate dabei, in denen auch nichts anfällt, außer der regelmäßige Besuch.

Das habe ich von Anfang an anders erlebt - auch schon zu Zeiten, in denen das Sozialsystem noch besser funktionierte. Der Klassiker bei Heimbewohnern war, dass eine Wohnung aufgelöst werden musste. Das ganze Procedere - Sachen sichten, schauen, was will/brauchen die Betreuten im Heim, Kleinumzug begleiten (wer sonst zeigt dem Unternehmer, was mitmuss?), Räumung und Reinigung der Wohnung (klar, das machen Unternehmer, aber wer schließt ihnen auf, wer beantwortet Fragen..), Rückgabe, Kostenanträge, die obligatorische Ablehnung, Widerspruch usw. war schon damals derart aufwendig, dass es in der Regel deutlich mehr als ein Jahr dauerte, bis sich der Arbeitsaufwand halbwegs amortisiert hatte...in den "normalen" Fällen, und die waren eher selten. Oft waren die neuen Heimbewohner entweder schwere Alkoholiker, mit denen es über Jahre große Probleme gab, multimorbide (häufiges stundenlanges Rumsitzen im Krankenhaus) oder es gab irgendwelche Sonderprobleme, von der Rückholung aus dem Ausland bis zum Verkauf von KFZ und Immobilien. Einfangen von Tieren, Probleme mit Erbschaften, sich als ungeeignet erweisende Heimeinrichtungen, Krisengespräche, Heimwechsel mit Heimplatzsuche, Weglaufen aus der Einrichtung, Fahndung, Probleme mit der Kostenübernahme, Verschreibenlassen von Neuroleptika, ohne dass eine Einwilligung eingeholt wird, das übliche Trara um die heimseitige Verweigerung der Führung von Taschengeldkonten, Arztbegleitung, Facharztbesuche oder den Einkauf von Zahnpasta...es war so ziemlich alles dabei. Und wenn Heimbewohner nicht psychisch krank und verhaltensoriginell sind, sind sie sehr oft alt und schwerkrank, was wiederum bedingt, dass man mehr oder weniger auf Abruf dasitzt, weil in kurzen Abständen neue gesundheitliche Krisen auftreten.

Dann kommen sie ins Krankenhaus und werden dreimal verwirrter als vorher und mit einem Dekubitus wieder entlassen.
In den letzten Jahren kommt hinzu, dass es oft keine Heimplätze mehr in der Nähe gibt. Dann muss die Betreuung nach dem Riesenaufwand des Anfangs wegen der Entfernung abgegeben werden - wirtschaftlich immer ein Desaster.

Wenn ich lese und bei Kollegen erlebe, dass Heime neuerdings um vermeintlich längst durchgesetzte Leistungen wie Barbetragskonten und die Organisation von Arztbesuchen verweigern und dass sie dabei durch die Pflegekassen unterstützt werden, wenn ich mir die demographische Entwicklung anschaue, hinzunehme, wie der Gesundheitssektor schon heute aussieht, habe ich gerade was diese sehr hilfebedürftige Klientel angeht, für die Zukunft keine Hoffnung mehr, noch etwas bewirken zu können. Die gesetzlich formulierten Ansprüche stehen schon heute oft genug einem gähnenden Nichts an Angeboten gegenüber, mit dem man sich, wenn man es für richtig hält, sehr viel Arbeit machen kann...denn die Betreuten haben ja Anspruch auf alles Mögliche!


Mittlerweile erleben sogar Promis, was auf dem Gesundheits- und Pflegesektor so los ist:
https://www.welt.de/vermischtes/arti...rgleichen.html


Ich mag mir nicht ausmalen, wie die Welt aussehen wird, wenn wir mal 88 sind. Besser wird es nicht mehr und ich werde das nicht ändern, also gehe ich.
Garfield ist offline  
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Alt 22.04.2025, 21:52   #40
Berufsbetreuerin
 
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Zitat:
Zitat von Imre Holocher Beitrag anzeigen
Die Arbeit wird einfach weniger, wenn viele Knaller auf die Dauer recht ruhig geworden sind und man sich kennt. Dann sind Krisen oder plötzlich aufpoppende Handlungsbedarfe mit viel weniger Aufwand zu beherrschen als vor 10 oder 20 Jahren.

Auch ruhig gewordene Knaller sind kein Grund für eine Betreuungsabgabe an Ehrenamtliche. ...oder berufliche KollegInnen: auch ruhige Knaller können wieder kregel werden - Päng.

Leider sind es immer häufiger nicht die Betreuten, die die Knaller sind.

Stellen wir uns mal vor, eine Betreuerin kommt aus dem Osterurlaub und schaut besorgt auf das Konto eines Betreuten, dem es schon vorher nicht gut ging. Sie hatte eine bestimmte Vermutung, unter welcher Krankheit er leiden könnte, hat aber die Gesundheitssorge nicht. Er berichtet, dass er zwei Tage vorher in der Notaufnahme war, aber wieder heimgeschickt wurde. Er war am Tag des Telefonats auch beim Hausarzt. Der konnte angeblich nicht viel machen, weil der Bericht der Notaufnahme nicht vorlag. Hat immerhin schon mal Blut abgenommen. Betreuerin versucht zu helfen, kommt aber nicht weit. Funfact: Bei der Krankenkasse weiß keiner, ob die elektronische Patientenakte existiert und funktioniert. Am Ende ist hoffentlich wenigstens die Hausarzpraxis sensibilisiert, das BeWo eingeschaltet und genug Geld da. Gesundheitssorge hin oder her: Schließlich ist man auch nicht schlauer als die Ärzte, oder?
Rückkehr aus dem Urlaub: Der Betreute, so ist zu erfahren, liegt im Krankenhaus. Notfall, Operation, Koma. Offenbar genau aus den befürchteten Gründen. Gleich mehreren Ärzten erschien zuvor sein Zustand aber offenbar nicht dramatisch.



Was ist qualitativ gute Betreuung in so einem Fall? Sagt man sich: "Ich habe ja die Gesundheitssorge nicht?" Wäre man besser hingerfahren und hätte unautorisiert einem Arzt gegenüber darauf bestanden, als medizinischer Laie eine eigene Diagnose zu stellen und bestimmte Maßnahmen einzufordern?
Als Mensch sage ich mir: Ja, das wäre richtig gewesen. Rechtlich und aus der Erfahrung heraus sage ich: Kein Recht, hat auch abgesehen davon keinen Zweck.


Aber solche Verläufe sind mittlerweile in einem Maße absehbar, dass ich sage, ich will diesen Zwiespalt in diesem System, das täglich ein bisschen mehr kacke wird, nicht mehr.
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