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"Sie sind doch die Betreuerin"

Dies ist ein Beitrag zum Thema "Sie sind doch die Betreuerin" im Unterforum Situation der Betreuer/innen , Teil der Offenes Forum gesetzliche Betreuung
Wahrscheinlich haben alle Betreuer diesen Satz mehr oder weniger oft gehört. Ich gehe inzwischen fast in die Knie, wenn er ...


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Alt 04.04.2011, 22:07   #1
Berufsbetreuerin
 
Registriert seit: 29.03.2010
Beiträge: 650
Standard "Sie sind doch die Betreuerin"

Wahrscheinlich haben alle Betreuer diesen Satz mehr oder weniger oft gehört. Ich gehe inzwischen fast in die Knie, wenn er mir mal wieder (mit vorwurfsvollem Gesichtsausdruck, der gehört unbedingt dazu) entgegengehalten wird.

Ob es darum geht, dass Altenheime mich auffordern, Betreute zum Arzt zu kutschieren und selbstverständlich auch (nach stundenlanger Wartezeit) zurück, ob die Heimmitarbeiter mal wieder möchten, dass Bodylotion oder ein Paar Schuhe gekauft werden, oder ob der Betreute ins Krankenhaus gekommen ist und man mich für das Wäschetransporttaxi hält.
Gerade war es ausnahmsweise ein Betreuter, der (aus Eigenverschulden) im Krankenhaus landete, mich zum Klamottentransport aufforderte und sich aus Frust mit einem Schädelbruch gleich selbst entlassen wollte, als ich aufgrund anderer Termine am selben Tag keine Zeit mehr dafür hatte. Ich habe übrigens die Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten, sonst nix.
Angehörige erwarten, dass ich den Besuchsdienst für ihre alten Eltern mache und die verranzte Wohnungseinrichtung zu Gold. Man erbt ja irgendwann mal.
Ich bin ja die Betreuerin.

Keiner der Herrschaften hat ein Ohr, wenn ich erkläre, welche Aufgaben mit rechtlicher Betreuung verbunden sind und welche nicht.

Mal ganz abgesehen davon, dass der Gesetzgeber mit seinen Stundenpauschalen eindeutig nicht vorsieht, dass der Betreuer Kurier, Begleit- und Seelsorgedienste wie oben abrechnen kann: Weder in den Köpfen der Betreuten und ihrer Angehörigen noch in denen der professionellen Ansprechpartner scheint auch nur ein bisschen Raum dafür vorhanden zu sein, dass solche Dienstleistungen durch eine Berufbetreuer zeitlich nicht zu organisieren sind. Das Verständnis dafür, dass es zum einen viele andere Betreute gibt, dass es sich zum anderen zu einem ganz erheblichen Teil um Schreibtischartbeit handelt, fehlt. Jeder von uns Berufsbetreuern weiß wie es ist, wenn man Stunden und Tage am Schreibtisch festgenagelt ist und den Telefonhörer kaum aus der Hand legen kann, weil Dinge besprochen und organisiert werden müssen, Fristen eingehalten und Schriftstücke versandt werden müssen. Und nebenbei ist schließlich auch noch der tägliche Postberg zu sichten.
Das ist aber der Teil der Arbeit, den Außenstehende nicht sehen. Sie möchten damit zwar nicht belästigt werden - ist ja Betreuersache -, gehen aber gleichzeitig davon aus, dass der Betreuer nichts tut, wenn alles fluppt. Dass rundum alles glatt geht ist dann kein Zeichen, dass der Betreuer gut gearbeitet hat, sondern dafür, dass er nichts tut. Man hört und sieht ja nichts. Gut, wenn ich einen halbwegs fitten Betreuten habe, bespreche ich mit ihm, was ich tue. Aber z.B. bei Dementen gehe ich nicht zum Heimpersonal und verkünde, dass ich dies und jenes getan habe. Und die Angehörigen geht es vielfach gar nichts an, was ich tue.

Meiner Meinung nach ist der Begriff "Betreuung" die Wurzel des Übels. Ich wünsche mir den alten Vormund zurück. Oder eine andere Bezeichnung, die die Aufgabe treffender kennzeichnet. "Rechtlicher Beistand" meinetwegen.
Ich bin ganz sicher, dass die Rechtsanwälte, die Betreuungen führen, diese Probleme nicht haben. Bei denen wagt sich keiner, sie zum Zahnpastaeinkauf aufzufordern, der Gedanke kommt erst gar nicht auf. Insofern ist durch den Begriff "Betreuer" auch ein Imageproblem geschaffen worden, denn mangels einer adäquaten Bezeichnung begreift leider eine Vielzahl von Ansprechpartnern die Funktion als "alles, insbesondere Hiwiarbeiten, die zu zeitaufwendig und zu kostenintensiv sind, um durch uns übernommen zu werden".
Dabei spielt es insbesondere für die Heime häufig keine Rolle, dass es um Pflichten geht, die ihnen das Gesetz ausdrücklich zugewiesen hat, während die Literatur völlig einhellig sagt, dass es sich nicht um Betreueraufgaben handelt.
Aber: "Sie sind doch die Betreuerin. Und andere Betreuer machen das ja auch".
Garfield ist offline  
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Alt 04.04.2011, 23:00   #2
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 22.03.2011
Beiträge: 63
Standard

Zitat:
Zitat von Garfield Beitrag anzeigen

Meiner Meinung nach ist der Begriff "Betreuung" die Wurzel des Übels. Ich wünsche mir den alten Vormund zurück. Oder eine andere Bezeichnung, die die Aufgabe treffender kennzeichnet. "Rechtlicher Beistand" meinetwegen.
Ich bin ganz sicher, dass die Rechtsanwälte, die Betreuungen führen, diese Probleme nicht haben. Bei denen wagt sich keiner, sie zum Zahnpastaeinkauf aufzufordern, der Gedanke kommt erst gar nicht auf. Insofern ist durch den Begriff "Betreuer" auch ein Imageproblem geschaffen worden, denn mangels einer adäquaten Bezeichnung begreift leider eine Vielzahl von Ansprechpartnern die Funktion als "alles, insbesondere Hiwiarbeiten, die zu zeitaufwendig und zu kostenintensiv sind, um durch uns übernommen zu werden".
Dabei spielt es insbesondere für die Heime häufig keine Rolle, dass es um Pflichten geht, die ihnen das Gesetz ausdrücklich zugewiesen hat, während die Literatur völlig einhellig sagt, dass es sich nicht um Betreueraufgaben handelt.
Aber: "Sie sind doch die Betreuerin. Und andere Betreuer machen das ja auch".

Ich mache den Job jetzt seit zwei Wochen. Habe nur "eine" und "ehrenamtlich" Betreute und kann trotzdem den Frust - leider - schon gut nachempfinden.

Respekt, liebe Berufsbetreuerinnen und Betreuer !!!

Berufsbetreuer leben diesen Albtraum jeden Tag.

Dafür wird den Ehrenamtlichen "nachgesagt", dass sie eh nur frustriete Helfersyndrom-Zombies sind, denen es "nicht besser gehört"...toll. "Äh wie jetzt - warum tun Sie sich das an????"

Ich kann der Verantwortung des Namens als Image"prägung" auch mit Nachdruck zustimmen!!

Das Beispiel mit der Zahnpasta finde ich sehr passend.

Und subsumarum ist es doch wieder der schnöde Mammon, der hindert. Die Kassen sind leer, viele alte Leute verarmt....Hilfe findet heute (meist) nur noch über den Geldbeutel statt.


Dazu eine Frage....wer ist denn nun zuständig für Dinge aus der Grauzone zwischen Heimvertrag und Betreuerpflicht?
campina ist offline  
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Alt 05.04.2011, 00:40   #3
"Nervensäge" vom Dienst
 
Benutzerbild von MurphysLaw
 
Registriert seit: 08.12.2008
Ort: Berlin
Beiträge: 755
Standard

Hallo Garfield,

eine Menge von dem, was du berichtest, kenne ich auch von meiner Betreuerin. Ich gehöre wohl zu den "fitteren" Betreuten und habe sie schon mehrmals "in Action" erlebt.
Ständig klingelt das Handy, dann muss sie hierhin, dann begleitet sie da 4 Betreute zum Augenarzt (wohlgemerkt zusammen), 3m Post kommt jeden Tag an.
Sie hat 2 Bürokräfte, ohne die nix mehr ginge, die ihr wohl viel Schreibkram abnehmen, wo sie dann nur noch sichten und unterschreiben braucht.
Ich habe oft die Sorge (ganz egoistisch), dass sie irgendwann nen Burn-Out bekommt, so wie sie sich 14 und mehr Stunden jeden Tag den A***** für uns Betreute aufreisst!
Habe ganz viel Respekt vor der vielen und wirklich schlecht bezahlten Arbeiten von euch Betreuern und weiss aus eigener Erfahrung, wie wichtig ihr seid, wenns bei Betreuten wirklich brennt!

Schreib dir deinen Frust ruhig von der Seele, wenns dir hilft :-)

Viele Grüsse,

MurphysLaw
MurphysLaw ist offline  
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Alt 05.04.2011, 12:15   #4
Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,642
Standard

Hallo,

ich finde auch, dass die Wurzel des Übels auch in der Begriffs- bzw. Berufsbezeizechnung "Betreuer" liegt, wobei der Zusatz "gesetzlicher" meistens auch ausser Acht gelassen wird.

Bezeichnungen wie "Rechtsbeistand" (man könnte diesen Begriff ja gesetzlich neu definieren) oder gerichtlich bestellter "Sachwalter" (wie in Österreich) erscheinen hier treffender und unmißverständlicher siehe hierzu auch: Sachwalter ? Wikipedia

Die Bezeichnung (gerichtlich bestellter) "Kurator" fände ich in diesem Zusammenhang auch sehr spannend, aber vielleicht auch irreführend - hört sich aber zumindest wichtig an......

mfg
carlos ist offline  
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Alt 05.04.2011, 15:08   #5
Berufsbetreuerin / Rechtsanwältin
 
Benutzerbild von ronja
 
Registriert seit: 01.04.2009
Beiträge: 580
Standard

Ich finde es vom Klang her eher erfreulich, dass der Betreute nicht der "Besachwalterte" heißt - obwohl Betreuter nicht gerade das Gelbe vom Ei ist

In den seinerzeitigen Bundestagsdebatten hat man auch den treuhänderischen Aspekt der Interessenwahrnehmung und das Vertrauen, die angeblich im Begriff Betreuer und allen allen Ableitungen mitschwängen, überaus lobend erwähnt. In der Praxis dürfte das noch keinem aufgefallen sein.
__________________

Die gefährlichsten Unwahrheiten sind die Wahrheiten, mäßig entstellt.
(Georg Christoph Lichtenberg)


ronja ist offline  
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Alt 05.04.2011, 16:46   #6
Forums-Azubi-Anwärter
 
Registriert seit: 20.10.2008
Beiträge: 27
Standard

Hallo Garfield,
danke für diesen Beitrag, du sprichst mir aus der Seele. Ich bekam vor kurzem nachmittags einen Anruf aus einem Altenheim mit der Bitte zu kommen, um eine Urinprobe für meine Betreute zu deren Hausarzt zu bringen, schließlich sei ich ja die Betreuerin. Als ich ihr erklärte, dass ich nicht 18 km zum Heim, weitere 8 km zum Arzt und dann wieder zurück ins Büro fahren werde, um eine Urinprobe wegzubringen und dass dies nicht meine Aufgabe sei und ich für die Betreute noch nicht einmal die Gesundheitsfürsorge habe, legte sie mir mitten in meinen Erklärungen den Hörer auf.
Sachen gibt`s...
Nun ist es so, dass ich sicherlich das ein oder andere übernehme, was ich nicht tun müsste wie z.B. ab und zu auch mal eine Begleitung zum Arzt, wenn ich dies für wichtig halte, aber das geht auch nur, weil ich "nur" 17 Betreute habe und nicht vollzeit arbeite. Die Erwartungen von Betreuten, Angehörigen und fast allen Leuten mit denen man es zu tun hat sind einfach zu hoch. Regelmäßig sehe ich mich in Erklärungsnot über die eigentlichen Aufgaben eines Betreuers. Aber ich glaube, so richtig ankommen tut es nicht.
Viele Grüße,
Liese
Liese ist offline  
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Alt 05.04.2011, 17:23   #7
Berufsbetreuerin
 
Registriert seit: 29.03.2010
Beiträge: 650
Standard

Zitat:
Zitat von campina Beitrag anzeigen
Dazu eine Frage....wer ist denn nun zuständig für Dinge aus der Grauzone zwischen Heimvertrag und Betreuerpflicht?
Meiner Meinung nach ist die Zone gar nicht so grau,
Ich hatte ja verschiedene Bereiche erwähnt, in denen es oft zu Konflikten kommt.
Die rechtliche Seite des Themas "Arztbegleitung" haben wir gerade hier ausführlich erörtert: http://www.forum-betreuung.de/rechts...grundlage.html

Ich zitiere mich mal selbst, was die generelle Seite der Aufgabenverteilung angeht: "Der Betreuer ist weder berechtigt noch verpflichtet, praktische Hilfe zu leisten im Sinne von z.B. Versorgungsleistungen (Einkaufen, Wäschewaschen, Pflege usw.)….Transportdienste" (Raack/Thar, Leitfaden Betreuungsrecht, 5. Aufl. Köln 2009, S. 93).

Das ist in Literatur und Rechtsprechung unumstritten.
Eindeutig dazu auch die Position des 10. Vormundschaftsgerichtstages (S. 55 f.):
http://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/VGT/Betrifft_Betreuung/9_Qualitaet_im_Betreuungswesen_200711.pdf


Und ganz wichtig: Er ist dabei auch nicht über seine Berufshaftpflichversicherung versichert.

Demgegenüber gibt es in den Heimen eine soziale Betreuung, die grundsätzlich die Aufgaben übernehmen soll, die sonst Angehörige ausführen. Begleitung, beim Kleiderkauf helfen usw.
Ich meine, das folgt ebenfalls aus den Regelungen der jeweiligen Pflegerahmenverträge.

Eine wichtige Rechtsquelle sind auch die jeweiligen Landesheimgesetze. Achtung, die heißen in jedem Land anders, in NRW z.B. "Wohn- und Teilhabegesetz".
Eine Übersicht findet man hier: Heimgesetz ? Wikipedia
Unsere örtliche Heimaufsicht vertritt z.B. den Standpunkt, dass die Pflicht der Heime zur Arutbegleitung ganz direkt aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 Wohn- und Teilhabegesetz folgt. Entsprechende Regelungen gibt es auch in anderen Bundesländern.



Außerdem gibt es große Unterschiede in der Praxis.
Vernünftige Heime haben z.B. Deals mit Drogeriemärkten u.ä., die Körperpflegeprodukte liefern. Begeistert bin ich immer, wenn sie mit einem günstigen Anbieter arbeiten.
Garfield ist offline  
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Alt 05.04.2011, 18:08   #8
Berufsbetreuerin
 
Registriert seit: 29.03.2010
Beiträge: 650
Standard

Hallo Liese,

ein Hammerfall, der Urinprobenfall.

Ich glaube, die meisten von uns übernehmen öfter Aufgaben, die nicht wirklich unsere sind. Wenn der Betreute dringend zum Arzt nuss und ich weiß das, stelle ich sicher, dass er dort hinkommt, das hat die erste Priorität.
Aber wenn sich ein Heim grundsätzlich weigert, zur Kenntnis zu nehmen, dass diese Pflicht bei ihm liegt, nicht bei mir und entsprechend handelt, werde ich inzwischen richtig eklig, wenn ich mit Freundlichkeit und Hinweisen nicht weiterkomme. Und zwar gerade weil es so viele andere Aufgaben gibt, für die außer mir keiner da ist. Ich bin auch noch lange nicht auf der "vollen" Fallzahl. Aber da komme ich nie auch nur annähernd hin, wenn ich den Heimen ihre Arbeit abnehme, statt meine zu erledigen und meine Abläufe halbwegs rational zu organisieren.

Der Klopper von heute:
Letzte Woche war ich beim Bezirksamt, um eine Ausweis abzuholen. Ich hatte die Stadt schon 4 Wochen vorher angeschrieben, weil ich beim Betreuten einen vorläufigen Perso gefunden hatte. Den Ausweis hatte übrigens das Heim bei mir angefordert. Zu diesem Zeitpunkt lebte er schon 6 Wochen dort. Angeblich hatte er keinen Ausweis. Ich habe ihn nur gebeten, mal in sein Portemonnaie zu gucken und voilà...
Na ja, jedenfalls kam von der Stadt keine Antwort. Ich habe zweimal nachtelefoniert. Schließlich hatte ich eine Mitarbeiterin am Telefon, die herausfand, dass der Perso fertig in einer bestimmten Meldehalle lag. Ich könne ihn mit Betreuerausweis, vorläufigem Perso und meinem abholen.
Also habe ich meinen Tag so geplant, dass ich auf der Tour eine B. im selben Stadtteil besuchen konnte. Als ich in der Meldehalle ankam, war alles da, allein, man wollte mir den Ausweis nicht geben. Weil der Betreute angeblich postalisch ein Formular bekommen hatte, auf dem er erklären sollte, ob er Internetoptionen nutzen soll. Mag sein, nur nach dem Antrag auf den Perso war der Hirnschlag gekommen und das Erinnerungsvermögen und das Formular verschwunden. Das erklärte ich der Dame am Schalter. Sie beharrte stur darauf, dass der Betreute unterschreiben müsse. Das Gespräch drehte sich Runde um Runde: Brief weg, Hirn weg, gesetzliche Vertretung wirksam, Aufgabenkreis Behörden nachgewiesen...Die Tante sagte mir tatsächlich, ich solle doch den (verschwundenen) Brief ins Altenheim bringen und den Betreuten, der sich erst neuerdings wieder an seinen Namen erinnerte, unterschreiben lassen, ob er Internetnutzungen will. Natürlich ohne dass ihm irgendwie begreiflich zu machen wäre, was das Internet überhaupt ist. Sie bräuchten das halt. Das stände im Gesetz. An der Stelle hätte ich beinahe losgebrüllt. Sie bemerkte meinen Zorn und pilgerte ein zweites Mal zu ihrer Vorgesetzten. Ich muss nicht erwähnen, dass sich hinter mir inzwischen eine lange Schlange gebildet hatte und ich in lauter empörte Gesichter blickte. Ich durfte dann zur Vorgesetzten. Auch diese war nicht imstande, an diesem Tage eine Lösung dafür zu finden, dass der Betreute weder geschäftsfähig noch in der Lage ist, einen Willen in der geschilderten Angelegenheit zu bilden. Man könne aber einen Außendienstmitarbeiter schicken, wenn die Angelegenheit geklärt sei.
Heute bekam ich eine Mail: "Sie können den Ausweis abholen".
Da habe ich schriftlich das Rumpelstilzchen gemacht.

Auch das ist absolut typisch: Die Erwartung an den Betreuer, er möge mit seiner Arbeitszeit, seinem Benzin und seinen Schuhsohlen die gähnende Inkomptenz von Dritten in ihrem uriegenen Kernbereich ausbügeln, auch wenn die Wiederholung der geforderten Aktion für den Betreuer erkennbar Stunden dauert. Hinfahren, warten, Aktion, zurückfahren. Sie sind doch die Betreuerin.

In diesem Fall erhielt ich nach meiner Beschwerde - o Wunder - eine Entschuldigung und die Aussage, dass der Außendienst tätig wird.

Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht passiert wäre, wenn ich "Vormund" oder ähnlich respektabel geheißen hätte. Dem Vormund verweigert man die Personalpapiere nicht, dem Betreuer schon.

GG
Garfield ist offline  
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Alt 05.04.2011, 18:38   #9
Admin/Berufsbetreuer
 
Benutzerbild von Imre Holocher
 
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,592
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Hallo Garfield

ich hätte wahrscheinlich die Dame und die Vorgesetze um ihre Namen gebeten, damit ich Betreuungen für sie anregen kann. Bei so viel Blödheit haben sie das schließlich verdient.
Aber wer kennt diese Probleme nicht? Kaum einer außer Alzheimer...

Zur sonstigen Diskussion über die Berufsbezeichnung:
"Sachwalter" finde ich ehrlich gesagt auch nicht so schlecht und jedenfalls zutreffender, was die inzwischen geforderte Arbeit anbelangt. Zumindest wird keiner kommen und fordern: "Sach Walter, wat is' mit die Wäsche im Krankenhaus?!" oder so ähnlich.

Zu Anfang der Betreuungszeit sollte die rechtliche Betreuung ja auch noch "persönlicher" geführt werden. Aber weil Juristen und Gesetzemacher üblicherweise nicht wissen, was "persönlicher" bedeutet - oder eine eigene (Wahn-)Vorstellung davon haben, wurde in den diversen BtÄndGs kräftig zurückgerudert. Wer sich nicht auszudrücken weiß muss halt nacharbeiten...

MfG

Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen
und daraus zu lernen.
Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen.
Imre Holocher ist offline  
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Alt 06.04.2011, 07:49   #10
Ehrenamtlicher Betreuer
 
Registriert seit: 23.02.2004
Ort: im Norden
Beiträge: 1,691
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Hallo,

mich regt es immer auf, wenn die Banken (ja, ja, schon wieder die bösen Banken) bzw. deren Beschäftigte darauf bestehen, dass die Betreuten Änderungen auf dem Kontoblatt selbst unterschreiben. Dann muss unbedingt der Personalausweis vorgelegt werden, und am besten soll ich die Betreuten noch persönlich zu Bank schleppen.

Bisher habe ich aber immer noch Glück gehabt, manchmal auch mit dem Hinweis auf ein Gespräch mit dem Vorgesetzten. Im schlimmsten Fall musste ich eine Befreiung von der Personalausweispflicht beim Ordnungsamt beantragen.

Irgendwann werde ich so einem Bankfuzzi mal vorschlagen, sie sollen die Eingangstür umbauen, damit ich meinen Betreuten in seinem Krankenhausbett auch in die Bank bekomme.

Das Wesen der Betreuung ist den Bankmenschen offenbar -trotz Schulungen- immer noch fremd.

Gruß

Andreas
AndreasLübeck ist offline  
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