Dies ist ein Beitrag zum Thema Einwilligung für Filmaufnahmen im Unterforum sonstige Rechtsfragen , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo,
Der BR und die ARD wollen in einem psychiatrischen Pflegeheim eine Doku zur Pandemiesituation im Heim drehen. Das Heim ...
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22.02.2021, 18:01 | #1 |
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Einwilligung für Filmaufnahmen
Hallo,
Der BR und die ARD wollen in einem psychiatrischen Pflegeheim eine Doku zur Pandemiesituation im Heim drehen. Das Heim hat sich sehr bemüht, die Bewohner in kleinen Gruppen zu betreuen und nicht in ihrem Zimmer zu isolieren. Die gesetzlichen Betreuer werden um Eiwilligung gebeten, die Betreuten filmen zu dürfen. Meine Betreute ist 80 Jahre alt und hat eine Schizophrenie. Ich habe die üblichen Aufgabenkreise, aber nicht die 'Personensorge' oder 'alle Anglegenheiten'. Bin ich befugt diese Zustimmung zu geben oder ist das ein höchstpersönliches Recht? Ob die B. in dieser Sache einwilligungsfähig ist, ist schwer zu beurteilen. Der Betreuten ist ihre Erkrankung zeitweise stark anzumerken; sie selbst hält sich für psychisch gesund. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die B. in ihren gesunden Zeiten zugestimmt hätte, sie in dieser Verfassung zu filmen. LG Annegret |
22.02.2021, 21:14 | #2 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,592
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Moin moin
Ich halte das Recht auf das eigene Bild für ein sehr persönliches Recht, dass so ohne weiteren in keinen Aufgabenkreis hineinfällt. Deshalb lasse ich die Betreuten die entscheidung bzgl. der Einwilligung grundsätzlich selber fällen. Bei Komapatienten überlege ich mir das noch mal, aber sonst... MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
22.02.2021, 22:01 | #3 |
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 661
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Hallo Annegret,
Bildaufnahmen betreffen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) der Betreuten, Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Dies ist jedoch auch bei anderen Handlungen, etwa die Wohnung oder die Preisgabe persönlicher Daten des Betreuten betreffend, der Fall. Ausgeschlossen von staatlichen Eingriffen (in Form der Bestellung eines gesetzlichen Betreuers) sind anerkanntermaßen in jedem Fall Angelegenheiten des höchstpersönlichen Kernbereiches des APRs: elterliche Sorge, Organspende oder die Eheschließung. Ebenso die Einwilligung in eine Adoption des eigenen Kindes. Es sind jedoch nicht alle Angelegenheiten das APR betreffend grundsätzlich einer gesetzlichen Betreuung unzugänglich. Will heißen: Die Einwilligungsfähigkeit Deiner Betreuten ist hier zunächst konkret zu prüfen. Ist diese für die vorliegende Fragestellung gegeben, hat sie naklar die Entscheidungshoheit. Andernfalls müsste zunächst der AK um den Aufgabenbereich "Personensorge" (oder auch kleinteiliger, ggf. nur konkret für diesen Bereich = Bild- und Filmaufnahmen > das würde auch der Erforderlichkeit eher genügen können) erweitert werden, was Du beim zuständigen Amtsgericht anregen müsstest, § 1901 Abs. 5 S. 2 BGB. Wird dem stattgegeben, stände m.E. im Zweifel einer ersetzenden Einwilligung durch Dich nichts entgegen, sofern dies dem tatsächlichen (oder mutmaßlichen) Willen der Betreuten entspräche. Dies scheint jedoch nach Deinen Angaben zunächst so möglicherweise nicht der Fall zu sein. Du müsstest ggf. also weiter eruieren (Einwilligungsfähigkeit +/- >>> Anregung AK-Erweiterung >>> wenn [+] >>> ggf. mutmaßlichen Willen ermitteln >>> ggf. ersetzende Entscheidung durch Dich) und dokumentieren... Wie Imre quasi schon implizierte, ist die Erforderlichkeit einer ersetzenden Entscheidung (also durch Dich bei unterstellter Einwilligungsunfähigkeit der Betreuten) umso strenger zu prüfen, je gewichtigere Grundrechte betroffen sind. Die hohe Gewichtung des APR als Ausprägung der Menschenwürde erklärt sich von selbst. Bei den bislang von Dir geschilderten Eckdaten bin ich daher im Ergebnis (ohne weitere Konkretisierung der genauen Umstände bezüglich Deiner Betreuten) zunächst bei Imre und würde aus der Ferne eine Einwilligungsfähigkeit für die Disposition des "Rechtes am eigenen Bild" im Zweifel vermutlich bejahen. Grüße von Florian Geändert von Florian (22.02.2021 um 22:18 Uhr) |
23.02.2021, 00:16 | #4 | |
Stammgast
Registriert seit: 28.12.2014
Ort: München
Beiträge: 566
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Danke für eure Antworten!
Zitat:
Sie kann dadurch nicht abwägen, ob sie sich in diesem leicht verwirrten Zustand der Öffentlichkeit präsentieren möchte. Etwas anderes wäre es, wenn sie sich ihrer Erkrankung bewusst wäre. Also falls ich stellvertretend einwillegen müsste, würde ich mich dagegen entscheiden. Ich sehe nicht, dass es ihrem Wohl nützt, außer, dass es ein Zeitvertreib für sie sein könnte. Es schadet ihr vielleicht nicht, aber einen Nutzen hat sie davon auch nicht. Den mutmaßlichen Wilen zu ermitteln, wie sie als Gesunde entschieden hätte, ob sie theoretisch mit einer Schizophrenie (und einer auffälligen optischen Veränderung durch die Medis) ins Fernsehen gewollt hätte ... Das ist unmöglich. Ich könnte das selbst für mich schwer entscheiden, ohne das genaue Drehbuch der Dokumetation zu kennen. Wenn ich nicht zustimme, muss ich dann den entsprechenden AK trotzdem beantragen, um meine Zustimmung zu verweigern? LG Annegret |
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23.02.2021, 08:06 | #5 |
Moderator
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Beiträge: 5,782
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Zur letzten Frage: ja. Ohne passenden AK kann man weder ja noch nein sagen. Man ist dann sozusagen ein unbeteiligter Dritter. Wobei: wenn die AK-Erweiterung versagt wird, erklärt das Gericht damit zugleich, dass es den Betreuten für einwilligungsfähig hält.
Der AK müsste heißen: „Einwilligungen nach § 22 Kunsturhebergesetz.“
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
23.02.2021, 10:45 | #6 | ||
Stammgast
Registriert seit: 20.12.2018
Ort: NRW
Beiträge: 661
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Zitat:
ja, auch das ist m.E. vertretbar. Zitat:
Im Ergebnis wird sich vermutlich niemand beschweren, wenn Deine Betreute nicht in BR und ARD zu sehen sein wird Ich ziele mit meiner Argumentation auch eher darauf ab, die grundsätzlich große Bedeutung der Teilhabe insgesamt nicht zu verkennen (was ich Dir damit nicht unterstellen möchte, ganz im Gegenteil) und entsprechend zu dokumentieren...auch deshalb, falls doch mal der längst verschollen geglaubte Dr.iur.-Erb-Enkel vorbeisieht o.ä. Deine Frage ist grundsätzlich interessant, da vermutlich manches Mal blindlings eingewilligt wird. Auch beim Abschluss neuer Heimverträge u.ä. sind Erklärungen zu etwaigen Bildaufnahmen (wenn mal die Zeitung kommt, wenn mal ein neuer Flyer für die Einrichtung erstellt wird, Internet-Galerien u.v.m.) mitunter enthalten. Stimme HorstD zu: Möglichst "kleinteilige" AK-Erweiterung; in jedem Fall für ersetzende Entscheidung (also durch Dich) erforderlich. Viele Grüße von Florian |
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