Dies ist ein Beitrag zum Thema Eidesstattliche Versicherung bei neuer Betreuung im Unterforum Vermögensverwaltung/Geldangelegenheiten , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Liebe KollegInnen,
in der letzten Woche wurde mir eine neue Betreuung übertragen.
Da ich erst kürzlich die Betreuerurkunde erhalten habe ...
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16.03.2021, 10:03 | #1 |
Stammgast
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Beiträge: 740
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Eidesstattliche Versicherung bei neuer Betreuung
Liebe KollegInnen,
in der letzten Woche wurde mir eine neue Betreuung übertragen. Da ich erst kürzlich die Betreuerurkunde erhalten habe und noch keinen Zugang zur Bank habe, konnte ich mir noch kein umfassendes Bild von der wirtschaftlichen Situation des Betreuten machen. Jedenfalls habe ich schon einen dicken Stapel an Mahnbescheiden... Nun soll in der nächsten Woche ein Termin beim Gerichtsvollzieher zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung stattfinden. Der GV besteht darauf, dass ich die EV unterzeichne (kein EV). Das kann ich aber noch nicht. Er verweigert eine Verschiebung des Termins, damit ich ausreichend Zeit habe ein Vermögensverzeichnis zu erstellen. Hat man ein Recht auf Verschiebung eines solchen Termins? Danke vorab! Marsupilami |
16.03.2021, 10:16 | #2 |
Moderator
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Beiträge: 5,810
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Leider nein. Da der Gerichtsvollzieher wohl hier nicht in der Lage ist, sich vernunftgemäß zu benehmen (durch begründetes Aussetzen des Verfahren), müssen sie notgedrungenermaßen überall
„Unbekannt“ reinschreiben. Und dann nach einigen Monaten eine ergänzende Erklärung abgeben. Dazu fällt mir der schöne Beamtenwitz ein: „So nehmen Sie doch Vernunft an!“ „Ich darf nichts annehmen, ich bin Beamter“.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
16.03.2021, 14:17 | #3 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Beiträge: 14,097
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Zitat:
Dir bleibt dann tatsächlich nichts anderes übrig wie zu sagen: nicht bekannt- wie Horst schon sagte. Termin für die Katz
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diese kommunikation wurde im rahmen der überwachungsgesetze auf ihre kosten dauerhaft gespeichert und wird jederzeit weltweit gegen sie verwendet werden. danke für ihre kooperation. |
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16.03.2021, 16:04 | #4 |
Stammgast
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Danke für Eure schnellen Rückmeldungen,
tja so kann man die Zeit auch verbrennen |
18.03.2021, 09:50 | #5 |
Moderator
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Beiträge: 5,810
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Das ist offensichtlich mal wieder so ein Fall, wo der Gerichtsvollzieher (Beamter des MITTLEREN Dienstes) glaubt, mit der Betreuerbestellung müsse der Betreuer alles automatisch wissen, was der Betreute weiß (oder vor der Demenz einmal gewusst hat). Dass das detektivische Ermittlungen durch den Datenschutzdschungel erfordert, kapieren manche nicht.
In einem mir bekannten Fall (in welchem der Betreuer sich nicht für die Vollständigkeit verbürgen wollte), kam es sogar zum Haftbefehl, der erst auf Beschwerde hin vom Landgericht wieder aufgehoben werden musste.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de Geändert von HorstD (18.03.2021 um 10:10 Uhr) |
31.05.2021, 06:24 | #6 | |
Neuer Gast
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Beiträge: 2
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Haftbefehl gegen den Betreuer
Zitat:
Gegen mich wurde auch ein Haftbefehl erlassen, weil ich keine Vermögenserklärung an Eides statt versichern kann. Mir liegt nur der Bewilligungsbescheid sowie ein Girokonto vor. Die Forderung wird von der Vollstreckungsbehörde geltend gemacht. Es handelt sich um drei Geldstrafen zzgl. Verwaltungsgebühren. Nach § 43 StGB muss eine Geldstrafe immer in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Eine Ermessensentscheidung ist hier nicht vorgesehen. Darum verstehe ich nicht was das soll. Gegen den Haftbefehl habe ich beim Vollstreckungsgericht Beschwerde eingereicht. Die Richterin hat mir nahegelegt diese bis zum 02. Juni zurück zu nehmen, weil neben den Strafen ja auch Gebühren angefallen sind. Diese kann mein Betreuter allerdings aufbringen. Erfreulicherweise ist mein Betreuter bereit die Vermögenserklärung ab zu geben und auch an Eides statt zu versichern. Darum plane ich einen Termin mit der Gerichtsvollzieherin zu vereinbaren und diesen mit ihm gemeinsam wahrzunehmen. Meine Beschwerde möchte ich aber noch nicht zurücknehmen und werde Antrag auf Fristverlängerung stellen. Weil meine Familie sehr stark unter dieser Situation leidet, werde alle Betreuungen abgeben und mein Büro schließen. Anvisiert habe ich den 30. Juni. Das habe ich dem Betreuungsgericht so mitgeteilt. In Anbetracht des Mangels an rechtlichen Betreuern hoffe ich, dass das auch umsetzbar ist. |
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01.06.2021, 10:24 | #7 |
Moderator
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Beiträge: 5,810
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1. Beitrag im Forum und gleich alles hinschmeißen? Ich hab doch oben unter #2 beschrieben, wie man die zugegebenermaßen absurde Situation meistern kann. Es gibt halt immer noch den Grundsatz „Unmögliches kann nicht verlangt werden“. Leider stößt hier der gesunde Menschenverstand (symbolisiert durch das Betreuungsrecht) auf die einseitig auf Gläubigerinteressen zugeschnittene Zwangsvollstreckung. Wenn der Betreute selbst in der Lage ist, seine Vermögenssituation darzustellen, okay (aber wo ist dann die Betreuungsnotwendigkeit)?
Übrigens: Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht einfach eine Wahlmöglichkeit zur Geldstrafe. Sondern wird ja - aus guten Gründen - nur angeordnet, wenn die Geldvollstreckung scheitert. Und zu den Entlassungsanträgen: wo soll denn die Unzumutbarkeit sein (jedenfalls in den von diesem Verfahren nicht tangierten Betreuungen)? Wenn man diesen Job beginnt, sollte man doch vorher wissen, dass man sich dabei auf allerlei Blödsinn einlässt.
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02.06.2021, 10:07 | #8 |
Neuer Gast
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Beiträge: 2
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Sehr geehrter Herr Deinert,
ich bin zwar neu hier im Forum, führe aber bereits über 10 Jahre rechtliche Betreuungen. Weil ich Ihre Kompetenz schätze, habe ich zahlreiche Ihrer Fortbildungen besucht. Nun aber zu Ihrem Beitrag. Wie definieren Sie den der Begriff der Unzumutbarkeit? Eine Norm dafür gibt es doch gar nicht. Sie haben nicht den stillen Schmerz im Gesicht meines Sohnes gesehen, als ich zuhause von dem Haftbefehl erzählt habe. Manchmal braucht es keine Worte und man weiß was zu tun ist. Ich habe feststellen müssen, dass ich mich im Laufe der Jahre an etwas gewöhnt habe, das nicht gesund ist. Meine Angehörigen haben mich um einen sofortigen Schlussstrich gebeten und ich komme dem nach. In diesem Forum habe ich viel darüber gelesen, wie man mit als belastend empfundenen Situationen umgehen kann. Wenn ich unter Androhung von Beugehaft aufgefordert werde über meine rechtlichen Bedenken hinweg zu sehen und gegen mein Empfinden zu handeln, dann löst das Wut, Ärger und Ohnmacht in mir aus. Das ist sicherlich nicht nur bei mir so. Die stillen Dramen in den Büros bekommt doch niemand mit. Als ich in einer kollegialen Beratungsgruppe über den Haftbefehl berichtet habe, sind zwei Kollegen in Tränen ausgebrochen. Wie ist es um die Loyalität des Justizsystems uns rechtlichen Betreuern gegenüber bestellt? Der von Ihnen unter #2 beschriebene Grundsatz, dass unmögliches nicht verlangt werden kann, schützt leider nicht wirklich vor den gravierenden haftungsrechtlichen Konsequenzen einer nicht vollständigen Vermögenserklärung. Das ist erst dann gegeben, wenn eine entsprechende Passage in das Gesetz aufgenommen wird. Aus diesem Grund kann ich jedem nur empfehlen es mir gleich zu tun und den Betreuten in das Verfahren mit einzubeziehen. Er kann die eidesstattliche Versicherung nämlich auch abgeben, denn das Vorliegen einer rechtlichen Betreuung schränkt die Geschäftsfähigkeit nicht per se ein. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit die Gerichtsvollzieher ihr pflichtgemäßes Ermessen überhaupt ausüben. Meiner Wahrnehmung nach bevorzugen sie den leichten Weg und laden grundsätzlich nur den rechtlichen Betreuer. Das Vorgehen der Vollstreckungsbehörde hat sich verändert, was sicherlich Ausdruck einer gewissen Überlastung ist. Der betreffende Betreute hat nämlich bereits mehrere Ersatzfreiheitsstrafen abgesessen. Meiner Vermutung nach dürfte er diese Zeit dafür genutzt haben, um es den JVAs denkbar unangenehm zu machen ihn aufzunehmen. Ein rechtlicher Betreuer darf kein Erfüllungsgehilfe für die Vollstreckungsbehörden sein. Ich befürchte, dass dieser Damm bricht. Es gibt viele Gründe warum sich jemand entscheidet rechtliche Betreuungen zu führen. Es muss die freie Entscheidung eines jeden rechtlichen Betreuers bleiben, welches Klientel er sich zutraut oder ob er sein Büro weiterführt oder nicht. Eine solche Entscheidung darf nicht in Frage gestellt werden. Die Tatsache, dass es immer weniger rechtliche Betreuer gibt, kann dem einzelnen Betreuer nicht zugeschrieben werden. Dieses Problem kann er nicht auch noch lösen. Ein rechtlicher Betreuer ist doch nicht das Problem, vielmehr ist er die Lösung eines Problems. Wenn die Justizbehörden nicht angemessen mit dieser Lösung umgehen, dann steht sie eben nicht mehr zur Verfügung. So wie ich. |
02.06.2021, 13:47 | #9 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 282
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Respekt. Sehr sachlich klare Worte.
Ich durfte ähnliche Grenzerfahrungen auch schon machen. Dies hat mich letztlich dazu bewogen, Rechtliche Betreuung "nur" noch nebenberuflich zu machen. Durch meine hauptberufliche Tätigkeit in der EGH habe ich als RB ein Tätigkeitsverbot für EGH Fälle. Diese sind ja auch meist die wirklich harten Kracher (wie ich Tag für Tag in den zahlreichen BEI_NRW lesen darf)... so bleiben für mich die "leichteren" Fälle, die zwar nicht minder komplex und durchaus anspruchsvoll sind...aber die wirklich belastenden Fälle, wie du es geschildert hast, und einige andere vor dir auch schon, bleiben mir zumeist erspart. Nun hatte auch ich im vergangenen Jahr 3 verschiedene Kracher Fälle, die mir trotz all meiner aufgeräumten Sachlichkeit und Organisiertheit bei all meiner professionellen Empathie echt an die Nieren gingen, ähnlich der Erfahrung von Sylvia77 (Betreuerin kurz vor dem Kollaps), sodass ich für mich entschieden habe, jetzt reichts erstmal wieder, ich betreu erstmal die Menschen, die ich habe zuende, und überleg mir sehr genau, ob und wen ich neu aufnehme. Ich kann die obig beschriebene Situation nur zu gut nachvollziehen. Daher Respekt! |
02.06.2021, 15:14 | #10 | |
Moderator
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Beiträge: 5,810
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Zitat:
Irgendwie muss man gegenüber Stellen, die die verschiedenen Rollen in dem Spiel nicht richtig verstehen, hier vermeintlich den Betreuer als „Mittäter“ sehen, notfalls durch Dienstaufsichtsbeschwerde klar machen, dass sie sich im Ton vergriffen haben. Ich habe diese zT haarsträubende Ahnungslosigkeit bei manchen Gerichtsvollziehern ja schon Anfangs geschildert. Kann da nur noch sagen, gegen Dummheit gibts nur ein Mittel: die Dienstaufsichtsbeschwerde, denn jede von diesen Figuren hat einen Vorgesetzten, und wenn man sich beim Justizminister des Bubdeslandes beschwert. Klar sollte es sowas in einer idealen Welt nicht geben, wir leben aber in dieser. Und sollten in diesem unseren Land auch ein wenig darüber beruhigt sein, dass man die formellen und informellen Rechtsmittel gefahrlos verwenden kann, das ist ja in vielen anderen Staaten gar nicht denkbar. Ob das Mitnehmen des Betreuten zum Gerichtsvollzieher immer optimal ist, will ich mal bezweifeln. Um dem Betreuten die Ernsthaftigkeit versuchen nahezubringen ja. Aber wenn der sich dann um Kopf und kragen redet? Zum Berufswechsel: sicher ist das immer ein wichtiger Grund. Schließlich beinhaltet Art. 12 als Grundrecht der Berufsfreiheit auch den Wechsel. Ich bitte aber zu bedenken, dass die Berufsbetreuung gegenüber der Tretmühle Arbeitsverhältnis auch Möglichkeiten bietet und würde doch mal versuchen, das Ganze sacken zu lassen und zu versuchen, es von der satirisch-absurden Seite zu sehen, so wie eine der Kishon-Geschichten, denn genau das ist es ja. Dass man als Betreuer für Wissen über die Verhältnisse des Betreuten, das man nicht besitzen kann, in den knast gehen kann, ist schlechterdings undenkbar. Außerdem dürften Sie doch in den 10 Jahren Berufstätigkeit einen Anwalt an der Hand haben, der an ihrer Seite steht. Von den hoffentlich vernünftigen Ansprechpartnern bei Betreuungsbehörde und -gericht abgesehen.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
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