Dies ist ein Beitrag zum Thema Haftantritt + Sicherung der Wohnung im Unterforum Strafsachen und Bußgelder , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Guten Abend,
eine neue Klientin von mir hat heute eine Haftstrafe angetreten.
Sie wurde zu 2 Jahren und 6 Monaten ...
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07.06.2022, 18:39 | #1 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 11.03.2014
Beiträge: 282
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Haftantritt + Sicherung der Wohnung
Guten Abend,
eine neue Klientin von mir hat heute eine Haftstrafe angetreten. Sie wurde zu 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Nach 6 Monaten soll ein Antrag auf Bewährung gestellt werden. - der Mietvertrag läuft auf meine Klientin. Die Kinder, 16 und 18 Jahre alt, leben mit in der Wohnung. - eine Räumungsklage ist, aufgrund nicht geleisteter Mietzahlungen seitens des Jobcenters , bei Gericht eingereicht. Ich habe folgendes veranlasst: - Das Jobcenter verlangt einen Nachweis das meine Klientin tatsächlich in der Wohnung gewohnt hat. Ich habe das Sozialgericht eingeschaltet und Kontakt zu dem zuständigen Amtsgericht aufgenommen. ( Die Klage ist unzulässig weil sich die Kündigung aus den, zu Unrecht, nicht geleisteten Zahlungen des Jobcenters ergibt. - Der Krankenkasse und dem Jobcenter teile ich die Haftaufnahme mit. Meine Klientin erhält dann Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz, die Kinder müssen sich dann freiwillig versichern, ist das so korrekt ? - Um den Kindern ( und damit auch meiner Klientin ) die Wohnung zu erhalten sollte der Mietvertrag auf die Tochter ( 18 Jahre ) umgeschrieben werden. Oder gibt es da eine andere Möglichkeit ? - Meine Klientin wollte vor dem Haftantritt noch das Jugendamt einschalten. Die Mitarbeiterin war bis heute nicht zu erreichen. Ich werde das für sie erledigen da sie mich darum gebeten hat. Es ging jetzt alles sehr schnell. Ein von mir gestellter Antrag auf Strafaufschub wurde nicht gewährt. Es wäre sehr nett wenn Ihr meine Planung einmal gegenprüfen würdet. Mit Haft habe ich bis jetzt überhaupt keine Erfahrung. Besten Dank im Voraus und ich wünsche allseits einen schönen Feierabend. Rose |
07.06.2022, 19:31 | #2 | |||
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,253
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Zitat:
Das 16-jährige Kind hätte Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, da es keine Bedarfsgemeinschaft mit dem Geschwisterkind bildet, und wäre dann über § 264 SGB V versichert. Folglich muss keines der beiden Kinder in die freiwillige Versicherung. Zitat:
Das natürlich nur für den Fall dass es gelingt die Räumungsklage aus der Welt zu schaffen. Und es stellt sich noch die Frage ob die Wohnung überhaupt für einen Zweipersonenhaushalt angemessen ist - anderenfalls müssten die Kinder sogar noch umziehen. Zitat:
Ich würde nicht damit rechnen dass das 18-jährige Geschwisterkind zum Vormund bestellt wird. Eher wird in der Familie geschaut ob jemand die beiden Kinder aufnehmen kann. Gibt es einen Vater? Was ist mit Großeltern? Sollte es hart auf hart kommen und der Vermieter die Räumungsklage durchbekommen wird es am Jugendamt liegen für die beiden Kinder eine Unterbringungsmöglichkeit zu finden. Beide Kinder haben Anspruch auf Hilfe zur Erziehung; für das 16-jährige Kind gilt das sowieso, aber auch das 18-jährige Kind sollte in dieser Konstellation Anspruch auf Hilfe für junge Volljährige haben. |
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07.06.2022, 19:54 | #3 |
Moderator
Registriert seit: 24.03.2005
Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,810
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Das fällt doch nicht vom Himmel, was war denn mit der vorherigen Ladung zum Haftantritt? Um so was sollte man sich vorher kümmern.
Auf jeden Fall (wegen der 16 jährigen) das Jugendamt verständigen, es ist doch wahrscheinlich unverzüglich Heimaufnahme nötig, uU Feststellung des Ruhens der elterl. Sorge, § 1674 BGB (FamG und Einsetzung Vormund), muss sich Jugendamt drum kümmern. Wovon leben dir Mädchen, Azubis, Schüler, Studentem. Evtl kümmert sich das Jugendamt auch noch um die 18jährige (§ 41 SGB VIII). Zur KV siehe § 40 SGB VIII. Zum Wohnungserhalt evtl Sozialhilfe.
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
08.06.2022, 19:58 | #4 |
Admin/Berufsbetreuer
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,600
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Moin moin
Da kann man nur hoffen, dass das Jugendamt sich Mühe gibt, was wirklich nicht immer der Fall ist oder in die richtige Richtung geht. Was die Vormundschaft für das 16-jährige Kind angeht, kannst Du auch einen Eilantrag an das Betreuungsgericht stellen und mußt nicht auf das JA warten. Wenn das JA in Deiner Gegend als nicht so fit bekannt sein sollte, kannst Du dem Betreuungsgericht auch den Hinweis geben, dass besser ein Vormund ausserhalb des JA bestellt werden sollte. Begründung: Es werden voraussichtlich eine Reihe von Anträgen notwendig werden, die der Vormund des JA gegen seine eigene Behörde stellen müßte. Damit sind wir im hiesigen BEzirk schon oft durchgekommen. Wie sieht es mit einer Betreuung für das ältere Kind aus? Fit oder vielleicht doch sinnvoll? Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Du die Betreuerin für die Mutter und nicht für die Kinder bist, sie sonst aber an der Backe hast. MfG Imre
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Fehler sind dazu da, um sie zu machen und daraus zu lernen. Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen. |
09.06.2022, 09:49 | #5 |
Routinier
Registriert seit: 25.01.2016
Ort: Niederrhein
Beiträge: 1,080
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Bezgl. der Wohnraumsicherung wäre es sehr sinnvoll einen Fachanwalt Sozialrecht einzuschalten, so dass dieser einen eA Antrag bzgl. der nicht gezahlten Miete stellt. Wenn der Mietrückstand erstmal aus der Welt ist, bekommt man die Räumungsklage ggf. abgewendet.
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"SIE sind doch der Betreuer? SIE machen das jetzt!" |
09.06.2022, 10:14 | #6 |
Berufsbetreuer
Registriert seit: 30.07.2007
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 2,643
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Hallo,
Grundsätzlich: Es gibt auch einen Sozialdienst in den Haftanstalten. Der kennt sich mit solchen Fragen aus und sollte professionelle Unterstützung leisten. mfg
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14.06.2022, 19:54 | #7 |
Forums-Geselle
Registriert seit: 11.03.2014
Beiträge: 282
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Guten Abend Zusammen,
vielen Dank für Eure Rückmeldungen, es sind wie immer wertvolle Tipps dabei. Nichts desto trotz fliegt mir die ganze Sache um die Ohren. Vorab eine dringende Frage: Das Gericht, bei welchem die Räumungsklage anhängig ist, hat mir eine Abschrift der Klage zugesandt. Hierauf soll ich binnen zwei Wochen mitteilen ob ich mich ( bzw. meine Klientin ) gegen die Klage verteidigen will. Grundsätzlich ist die Klage des Vermieters ja zulässig. Die Klageschrift kann nicht beanstandet werden. Es ist ja das Jobcenter welches ich " anklage " aber das muss egal sein oder ? AAH, ich kann mich nicht richtig ausdrücken. Hoffe Ihr wisst was ich meine. DANN: gemäß §569 BGB ist die fristlose Kündigung unwirksam wenn spätestens nach Ablauf von 2 Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs..etc. etc. Heißt Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruch = Einreichen der Räumungsklage bei Gericht ?? Ich hoffe es... Für jede Rückmeldung den allerbesten Dank. Mir qualmt der Kopf. Ich wünsche allseits einen schönen Abend. Rose P.S. Jugendamt war heute da und sieht keinerlei Handlungsbedarf... Ich erzähle morgen ausführlicher.. |
14.06.2022, 20:04 | #8 | |
Routinier
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Beiträge: 1,253
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Zitat:
Meines Erachtens darf, solange das 16-jährige Kind noch keinen Vormund hat, eine Entscheidung in der Sache gar nicht ergehen. Denn Vollstreckungsmaßnahmen setzen die Prozessfähigkeit des Schuldners voraus, und ein 16-jähriges Kind ist nicht prozessfähig. Das Gericht müsste also erst die Bestellung des Vormunds abwarten - und dann könnte sich der Vormund ggfs. gegen die Räumungsklage verteidigen. Abgesehen davon dürfte der Rauswurf eines Kindes, das keine erziehungsberechtigten Eltern hat, bereits gänzlich unzulässig sein. Kinder dürfen in Deutschland jedenfalls nicht alleine auf die Straße geworfen werden. |
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14.06.2022, 20:55 | #9 |
Routinier
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Ort: zwischen NRW & Niedersachsen
Beiträge: 1,284
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1. Dem Gericht mitteilen, dass man sich verteidigen wird.
2. Fachanwalt suchen. |
14.06.2022, 20:58 | #10 |
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,253
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Dürfte in dem Fall problematisch sein. PKH gibt es für die Mutter nicht, weil die Rechtsverteidigung offensichtlich aussichtslos ist (grundsätzlich in allen Räumungsfällen), und soweit die Kinder betroffen sind, kann die TEin diesen Antrag nicht stellen, weil sie nicht berechtigt ist, die Kinder der Betreuten zu vertreten.
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