Dies ist ein Beitrag zum Thema Fristlose Wohnungskündigung - Klage notwendig? Betr.gerichtl. Genehm. erforderlich? im Unterforum Wohnungs- und Heimangelegenheiten - Immobilien , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo Ihr Lieben,
es geht wieder um einen Fall, den ich bereits hier schon schilderte.
Nur Kurz:
69jähriger B., frontotemporale ...
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12.08.2022, 23:01 | #1 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 212
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Fristlose Wohnungskündigung - Klage notwendig? Betr.gerichtl. Genehm. erforderlich?
Hallo Ihr Lieben,
es geht wieder um einen Fall, den ich bereits hier schon schilderte. Nur Kurz: 69jähriger B., frontotemporale Demenz, COPD, Diabetis mellitus, Persönlichkeitsstörung, Neuropathie, kein eigener Wille mehr. Aufgrund seines Verhaltens hat er eine fristlose Kündigung erhalten zum 31.8. Kein Pflegedienst verfügbar (diverse gekündigt aufgrund seines Verhaltens oder seiner Abwesenheit, er fühle sich seiner Freiheit beraubt, daher möchte er nicht zuhause sein, wenn der PD komme). Er sagt aber, er wolle weiterhin zuhause wohnen bleiben, ich solle ihm ein Pflegedienst besorgen. Derzeit ist er im KH untergebracht (seit gestern), mit betreuungsrechtlichem Beschluss. Er will unbedingt wieder nach Hause oder in eine kleinere Wohnung. Betreutes Wohnen und Pflegeheim sagt er mal zu, mal möchte er nicht. Das kann sich innerhalb von Sekunden ändern. Er fordert von mir, dass ich gegen die Kündigung angehe, ihr widerspreche und auch einen Anwalt einschalte, um gegen die Kündigung anzugehen. Er ist rechtsschutzverischert. Ich habe keine Unterlagen zu der Versicherung, weiß also auch nicht, ob Wohnungsangelegenheiten abgesichert sind. Ich sehe ihn nicht mehr zuhause. Er ist nicht fähig, seinen Diabetes zu versorgen, er hatte schon Werte um 400. Messen kann er sich, er weiß aber nicht, wie viel er sich spritzen muss. Er ist nicht in der Lage sich zu pflegen. Er pinkelt sich ein und lässt es trocknen. Wäscht sich erst abends, Sturzgefahr. Ist nicht in der Lage sein Sauerstoffgerät zu bedienen. Er braucht durch COPD eigentlich mehrere Stunden am Tag Sauerstoff. Muss ich jetzt einen Rechtsanwalt einschalten, um im Sinne des Betreuten zu handeln? Es ist sein Wunsch. Der leitende Oberarzt der Psychiatrischen meinte, es doch sein Wunsch, zuhause zu sein. Ob er dann aufgrund eines Zuckerschocks sterbe oder aus anderen Gründen sei doch sein Wille, nicht meiner. Gut der ltd. Oberarzt ist berüchtigt dafür, gerne auch mal psychisch Kranke auch bei Selbstgefährdung trotz Beschluss wieder zu entlassen. Auf seine Meinung gebe ich nicht wirklich etwas. Er haftet ja auch nicht, wenn etwas passiert. Neulich ist B. auf einer Hauptstraße im Rolli eingeschlafen. Dummerweise hat die Polizei ihn nicht ins KH gebracht, weil er das ja nicht wollte... Die fristlose Kündigung macht mir auch Kopfzerbrechen. Darf die Stiftung überhaupt kündigen, ohne eine Alternative zu finden? Die Stiftung ist eine sehr große Einrichtung. Sie sind Altenheim, Service Wohnen, Pflegedienst, Gerontopsychiatrische Wohngruppen, Demenzpflege, Kurzeitpflege, Tagespflege, Dauerpflege an. Er hatte einen Platz in der Ger.psy. Wohngruppe, was er aber dann am Tag der Aufnahme abgelehnt hat. Die Wohngruppenleitung sagte, er würde unterm Strich auch gar nicht dort passen. Ein neuer Versuch wurde dann nicht mehr unternommen. Der B. hat "leider" nur eine Wohnung ohne Service. Den Pflegedienst hat er vergrault. Sind sie nicht trotzdem dafür verantwortlich, einen anderen passenden Platz zu finden? In dieser Konstellation bin ich mir nicht sicher. meine Vorgehensweise war jetzt folgende: Mit dem Sozialdienst des Krankenhauses ein Heim finden. Nicht unbedingt ein geschlossenes sondern ein Heim, in dem er auch raus darf. er ist orientiert und oft und viel unterwegs. Bei einem Heim steht er auf der Warteliste. Andere Heim haben keinen Platz mehr oder wollen ihn nicht. Ich habe die Hoffnung, dass der Sozialdienst einfach noch andere Möglichkeiten hat als ich. Dann würde ich bei gericht die Genehmigung zur Wohnungsauflösung beantragen. Muss ich denn durch meinen Widerspruch auch noch eine Genehmigung zur Wohnungskündigung beantragen, bzw zur Rücknahme des Widerspruchs? Wie gehe ich da am besten vor? Vielen Dank fürs Lesen! Viele Grüße DieNeue |
13.08.2022, 08:25 | #2 | |
Routinier
Registriert seit: 29.10.2018
Beiträge: 1,253
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Das hier
Zitat:
ist für mich ein Alarmzeichen. Sollte der Oberarzt aus welchem Grund auch immer den Betreuten trotz gerichtlichen Beschluss entlassen (was er grundsätzlich darf, der Beschluss entfaltet keine Bindungswirkung gegenüber dem Krankenhaus im Sinne einer Unterbringungspflicht), steht der Betreute erstmal auf der Straße. Dass ihn eine Obdachloseneinrichtung aufnimmt, kann man bei seinem Krankheitsbild wohl ausschließen. Wenn dann keine Anschlussunterbringung steht, sieht es tatsächlich erstmal übel aus. Solange die Unterbringung des Betreuten nicht gesichert ist (und das scheint sie bei dem Oberarzt ja nicht) würde ich nicht voreilig die Wohnung räumen. Aus dem Gesichtspunkt wäre es vielleicht tatsächlich nicht verkehrt, bei einem Mietrechtsanwalt wenigstens eine Ersteinschätzung einzuholen, ob die Anfechtung der fristlosen Kündigung überhaupt Aussicht auf Erfolg verspricht. Vorausgesetzt es gelingt, herauszufinden, bei welcher Gesellschaft der Betreute überhaupt rechtsschutzversichert ist. Ob in der Konstallation nachrangig Beratungshilfe möglich wäre, wenn es nicht gelingt herauszufinden, wo der Betreute rechtsschutzversichert ist, wüsste ich aus dem Stehgreif jetzt nicht. Als allerletzten Strohhalm (das wird aber der Rechtsanwalt im Detail erklären) wäre es natürlich möglich die Wohnung einfach nicht zu räumen und die Räumungsklage auszusitzen, evtl. verbunden mit einem Antrag auf Räumungsschutz nach § 765a ZPO. |
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13.08.2022, 08:26 | #3 | |||
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Beiträge: 14,097
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Zitat:
Das es sich abends statt morgens wäscht ist egal aber das er das Sauerstoffgerät nicht bedienen kann ist heftiger. Zitat:
Ausserdem dürfen wir nicht zulassen das jemand regelrecht qualvoll verrecken wird weil er die Risiken nicht mehr überblickt- in aller Deutlichkeit. Wie du ausserhalb einer geschlosenen Einrichtung wenigstens eine Minimal-Versorgung sicherstellen könntest sehe ich hier bei allem Verständnis nicht mehr. Zitat:
Aus der derzeitigen Unterbringung heraus würde ich einen Antrag auf eine langfristig geschlosenen Unterbringung stellen. Das ganze Wohnungsprceder käme natürlich mit dem "üblichen" Vorgehen erst danach. PS: auch geschlossenen Einrichtungen haben öfter Gärten bzw. Aussenbereiche die gesichert sind. Wenn man denn eine solche findet was aber nicht per se ausgeschlossen ist.
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13.08.2022, 09:59 | #4 |
Admin/Berufsbetreuer
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Beiträge: 8,596
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Moin moin
Zum Thema fristlose Kündigung: Dieser kannst Du fristgerecht widersprechen. Dafür brauchst Du keinen Anwalt, der teures Geld für seinen Einzeiler nimmt. Der hilfsweise fristgerechten Kündigung kannst Du ebenfalls widersprechen und Dich mit dem Vermieter darüber verständigen, dass eine andere Unterbringung für den Betreuten gesucht wird. Es ist ja klar, dass der Betreute seine Sinne nicht ehr beisammen hat und auch deshalb nicht einfach so auf die Straße gesetzt werden kann und darf. Erst recht nicht von einer Stiftung. Auch hierfür ist eine anwaltliche Vertretung nicht notwendig. Die wäre erst dann fällig, wenn es vor das Gericht gehen würde. Vorher nicht. Die Wohnung würde ich deshalb erst einmal nicht auflösen, bis etwas anderes gefunden wurde. wie sieht es mit dem Geld aus? Hat er genug, um alles zu bezahlen zu können? Sonst wären Antrage auf Übernahme Heimkosten sowie Miete und Räumung notwendig. Bei der Diagnoseliste mußt Du davon ausgehen, dass der Betreute keinen eigenen Willen mehr hat und das, was er als "seinen Willen" formuliert, eher der Tages- oder Stundenform geschuldet ist. D.h. Dein Job ist es erst einmal seine Existenz bzw. sein Überleben zu sichern, wenn er es selber aus Unwissenheit oder Krankenheits–gründen gefährdet. MfG Imre
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13.08.2022, 11:13 | #5 |
Moderator
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Beiträge: 5,799
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Auch nur zur Kündigung. Weder für die Entgegennahme einer vermieterseitigen Kündigung, noch für den Widerspruch noch für die Abwehr eine Räumungsklage des Vermieters ist eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nötig. Das Gericht muss nur informiert werden, § 1907 Abs. 2 BGB.
Übrigens gibts im Mietrecht keine „Kündigungsschutzklage“. Das gibts nur im Arbeitsrecht. Da die Frage also falsch gestellt wurde: hier kann mans nachlesen: https://www.anwalt.de/rechtstipps/mu...en-195864.html
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
13.08.2022, 22:42 | #6 |
Forums-Geselle
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Beiträge: 212
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Vielen Dank, dass ihr hier auch am Wochenende so fleißig schreibt und mitdenkt.
Hier wurde lediglich fristlos gekündigt. Ohne hilfsweise ordentliche Kündigung. Ich habe gelesen, dass ein Widerspruch bei einer fristlosen Kündigung ohnehin nicht möglich ist. Pro forma habe ich dies nun aber gemacht. Natürlich wurde gleich reagiert und geantwortet, dass die Gründe des Widerspruchs nur bei einer ordentlichen Kündigung greifen. Für mich erschließt sich die Argumentation nicht, da auch bei einer fristlosen Kündigung Gründe einer Kündigung entgegenstehen können. Darauf würde ich es notfalls auch ankommen lassen. Mir war nur nicht klar, ob durch die Rücknahme des Widerspruchs eine Genehmigungspflicht ausgelöst wird. Wenn man aber ohnehin keinen Widerspruch gegen die fristlose Kündigung einlegen kann, der dann Rechtsfolgen auslöst (also eben, dass die Kündigung nicht rechtmäßig wäre und damit hinfällig), ist es ja ohnehin egal. Dann ist natürlich eine Genehmigungspflicht auch nicht gegeben. Gekündigt wurde ihm, weil er auch nach Abmahnung die Wohnungs- und Haustür offen ließ (Es handelt sich um zwei barrierefreie Wohnungen, die über einen kleinen Flur zu erreichen sind. Neben ihm sind in Form eines Reihenbungalows weitere Wohnungen.) Ebenso soll er Mieter wiederholt unbegründet angeschrien haben. Die Mieter fühlen sich durch ihn belästigt und gestört. Es stünden Zeugen zur Verfügung. Mir geht es noch immer nicht in den Kopf, dass die eifavh kündigen dürfen. Er ist damals in die Wohnung durch OPR-Einweisung gekommen. Also ist dies auch eine Wohnung, die für schwer Vermittelbare offen gehalten wurde. Daran kann sich ja nichts ändern, nur weil er nun einen Mietvertrag hat. Über den ltd. Oberarzt mache ich mir jetzt erst einmal keine Gedanken. Der B. musste noch die Abteilung wechseln, weil das Haus, in das er gekommen ist, nicht für Sauerstoffgabe ausgestattet ist. Er sagte dann, nun sei er nicht mehr zuständig. Der B. ist mittelos. |
14.08.2022, 00:49 | #7 | |
ehem. Admin / Berufsbetreuerin
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Beiträge: 14,097
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Zitat:
Das kann zum Beispiel unter folgenden Bedingungen der Fall sein, wenn … kein gleichwertiger Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen verfügbar ist … die Mieterin hochschwanger ist ....eine hohe Belastung durch ein anstehendes Examen bevorsteht ...das Alter des Mieters schon sehr hoch ist und er dort verwurzelt ist
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14.08.2022, 01:54 | #8 |
Routinier
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Ich denke, diese Gründe rechtfertigen eher eine ordentliche als eine fristlose Kündigung.
Da keine gleichzeitige fristgerechte Kündigung erklärt wurde, braucht man in die Richtung nicht prüfen. Man müsste die Unterlagen einem Fachanwalt vorlegen, aber ich persönlich rechne anhand der Schilderung nicht damit, dass hier eine wirksame Kündigung vorliegt, das abschließend beurteilen kann aber nur ein Gericht. |
14.08.2022, 10:23 | #9 |
Admin/Berufsbetreuer
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Moin moin
Eigentlich ist es doch Wurscht, ob eine Kündigung fristgerecht oder fristlos ist. Ob man dagegen Widerspruch einlegen kann oder darf eben nicht. Ein Vermieter steht vor der Macht des Faktischen, wenn der gekündigte Mieter einfach in der Wohnung bleibt und erst mit einer Räumungsklage und Gerichtsvollzieher aus der Wohnung getragen werden muss (und selbst dann womöglich gleich wieder dort eingewiesen wird...) Wenn man das den Vermietern erst einmal klar macht, und dass sie auf den Kosten (die sie vorschießen müssen) sitzenbleiben werden, dann kann man sich meistens gütlich mit ihnen auf eine für alle brauchbare Lösung einigen. MfG Imre
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14.08.2022, 10:52 | #10 |
Routinier
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Aber letzteres geht nur einmal, also wenn man sich nicht an Absprachen gehalten hat, sind die meisten Vermieter nicht mehr gewillt, Gnade vor Recht ergehen zu lassen.
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