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sonnyblue3 25.09.2018 10:31

Zitat:

Ich besinne mich dann auf das Wohl meiner Kunden und ziehe mich letztendlich darauf zurück. Auch das ist nicht gut aber ne andere Lösung fällt mir dazu einfach nicht ein aber davon haben meine Leute wenigstens was.
Genauso sehe ich das auch. Und deshalb bin ich sogar froh darüber, dass meine demente Betreute nur dann nach draußen möchte, wenn die Türe offen steht und Ruhe hat, wenn sie zu ist, weil dort vermeintlich ein (tapeziertes) Bücherregal steht.

Dafür beantrage ich auch keine Genehmigung. Das kann ich sehr wohl begründen, weil das Leben dieser Dame viel eingeschränkter wäre, wenn diese Fototapete nicht da wäre. Entscheidend für mich dabei ist, dass sie durch diese niederschwellige Raumveränderung nicht in ihrem Wunsch den Raum zu verlassen eingeschränkt wird, sondern ein zusätzlicher Reiz der Weglauftendenz entfällt und das Bedürfnis den Raum zu verlassen erst gar nicht entsteht.

Anders würde ich allerdings handeln, wenn die Tür codiert wäre und sie immer wieder versuchen würde hinauszugelangen und das einfach nicht könnte,weil sie den richtigen Code nicht eingeben kann.

Dann stelle man sich noch folgende Situation vor: eine hochdemente aber mobile Betreute verlässt den Wohnraum, während die eine Pflegekraft gerade Pflege am Bett macht, die andere Pflegekraft eine sturzgefährdete Bewohnerin in den Essensraum begleitet und die dritte Medikamente stellt.....

michaela mohr 25.09.2018 12:07

Zitat:

Anders würde ich allerdings handeln, wenn die Tür codiert wäre und sie immer wieder versuchen würde hinauszugelangen und das einfach nicht könnte,weil sie den richtigen Code nicht eingeben kann.
Gilt genauso auch für mich.:a040: Ich würde die Situation ganz anders bewerten wenn meine Kundin den ganzen Tag sagt: ich will aber unbedingt raus.

FFB 25.09.2018 20:28

Einheit der Rechtsordnung
 
Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113319)
Du hattest dich im Thema- Zusammenhang sehr gewundert dass nicht alle Gerichte den Sachverhalt gleich oder einheitlich sehen.

Eigentlich nicht; ich glaube, das war Annegret.

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113319)
wir hier haben derzeit wirklich riesige Probleme mit Fixierungen während einer Unterbringung.
Dazu gibt es ja das neue, in meinen Augen stark begrüssenswerte Urteil der BGH.

Jetzt solte man meinen dass dies vom Gericht auch so gesehen und in den Entscheidungen umgesetzt wird.

Was sagt der Richter dazu: ich halte mich an die bisherige Gesetzeslage. Wenn die Justiz diese geändert hat werde ich mich auch danach orientieren. Bis dahin habe ich zwar des BGH Urteil zur Kenntnis genommen aber ich werde danach nicht grundsätzlich entscheiden da dieses Urteil immer noch auch Fallbezogen erging.
Durchaus auch eine rechtlich haltbare Poition.

Ja, der BGH hat eine Entscheidung in einem Einzelfall getroffen. Aus der Begründung kann man allerdings auch allgemeinere Grundsätze ableiten, die über diesen Einzelfall hinaus gelten. Der Richter am örtlichen Amtsgericht kann natürlich sagen, auf "seine" Fälle passen diese Grundsätze nicht. Ob diese Position haltbar ist, sagt im Streitfall die Beschwerdeinstanz, im Extremfall wieder der BGH.

FFB 25.09.2018 20:35

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113319)
Mit "natürlich" meinte ich wortwörtlich, es ist glasklar dass jemand der 1,50m gross ist nichts in Höhe von 2m erlangen kann. Wer den Schlüssel so hoch gehängt hat und warum ist fast wumpe denn- es geht einfach nicht!

Ja, ich habe das Wort "natürlich" aufgegriffen und in einem etwas anderen Sinn benutzt. Die Situation ist halt alles andere als "natürlich" im Sinne von "ganz normal", sondern wurde extra so hergestellt – mit der Folge, dass der kleine Mensch die Tür nicht öffnen kann.

Zitat:

Zitat von sonnyblue3 (Beitrag 113329)
Genauso sehe ich das auch. Und deshalb bin ich sogar froh darüber, dass meine demente Betreute nur dann nach draußen möchte, wenn die Türe offen steht und Ruhe hat, wenn sie zu ist, weil dort vermeintlich ein (tapeziertes) Bücherregal steht.

Dafür beantrage ich auch keine Genehmigung. Das kann ich sehr wohl begründen, weil das Leben dieser Dame viel eingeschränkter wäre, wenn diese Fototapete nicht da wäre. Entscheidend für mich dabei ist, dass sie durch diese niederschwellige Raumveränderung nicht in ihrem Wunsch den Raum zu verlassen eingeschränkt wird, sondern ein zusätzlicher Reiz der Weglauftendenz entfällt und das Bedürfnis den Raum zu verlassen erst gar nicht entsteht.

Zu der Tapete, die die Ausgangstür optisch verbirgt, habe ich noch keine klare Meinung. Irgendwie ist aber ja selbst das eine Maßnahme, die letztlich die Bewohner am Weglaufen hindern soll.

Zitat:

Zitat von sonnyblue3 (Beitrag 113329)
Anders würde ich allerdings handeln, wenn die Tür codiert wäre und sie immer wieder versuchen würde hinauszugelangen und das einfach nicht könnte,weil sie den richtigen Code nicht eingeben kann.

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113335)
Gilt genauso auch für mich. Ich würde die Situation ganz anders bewerten wenn meine Kundin den ganzen Tag sagt: ich will aber unbedingt raus.

Nur wenn sie überhaupt – wenigstens manchmal – raus will (und sich dadurch gefährdet), kommen Sicherungsmaßnahmen überhaupt in Frage, um sie daran hindern.

Wenn eine Betroffene dagegen gar nicht zum Weglaufen neigt, dann muss man es auch nicht verhindern, und dann darf man es auch gar nicht. Die freiheitsentziehende Maßnahme ist dann nicht erforderlich und somit generell unzulässig.
Mit anderen Worten: Eine Betroffene ohne Weglauftendenz darf auf keinen Fall hinter einer codierten Tür untergebracht werden, die sie nicht öffnen könnte.

Zitat:

Zitat von sonnyblue3 (Beitrag 113329)
Dann stelle man sich noch folgende Situation vor: eine hochdemente aber mobile Betreute verlässt den Wohnraum, während die eine Pflegekraft gerade Pflege am Bett macht, die andere Pflegekraft eine sturzgefährdete Bewohnerin in den Essensraum begleitet und die dritte Medikamente stellt.....

Wenn sich eine solche Betreute durch das Weglaufen erheblich gefährdet, dann sollte man Maßnahmen dagegen treffen. Dabei können auch freiheitsentziehende Maßnahmen notwendig sein (für die man dann halt eine Genehmigung braucht).

michaela mohr 26.09.2018 07:46

Zitat:

Der Richter am örtlichen Amtsgericht kann natürlich sagen, auf "seine" Fälle passen diese Grundsätze nicht.
So hatte ich das nicht geschrieben, diese Bemerkung war als allgemeiner Habsatz von ihm angefügt. Er sagte: ich halte mich an die geltende Rechtslage die der Gesetzgeber grundlegend ändern muss wenn ich einen Sachverhalt (be)urteile.


Zitat:

Zu der Tapete, die die Ausgangstür optisch verbirgt, habe ich noch keine klare Meinung. Irgendwie ist aber ja selbst das eine Maßnahme, die letztlich die Bewohner am Weglaufen hindern soll.
Hm, auch das schint an der Semantik oder der Auslegung zu liegen. Erster Grund ist nicht das aktive Hindern sondern - meiner Meinung- das Aufkommen von (schädlichen) Ideen zu verhindern.


Genau in dieselbe Kategorie fällt dann das:
Zitat:

Wenn eine Betroffene dagegen gar nicht zum Weglaufen neigt, dann muss man es auch nicht verhindern, und dann darf man es auch gar nicht.
Wenn jemand, weil er nicht damit konfrontiert ist gar nicht an`s Weggehen denkt, z.B. weil er nie eine Tür sieht dann ist das in meinen Augen das sog. mildere Mittel.



Zitat:

Wenn sich eine solche Betreute durch das Weglaufen erheblich gefährdet, dann sollte man Maßnahmen dagegen treffen. Dabei können auch freiheitsentziehende Maßnahmen notwendig sein
Das wäge ich nicht rechtlich ab sondern lebenspraktisch. Diese freiheitsentziehenden Massnahmen können dann nicht auf den -hier- angenehmen Gerontoabteilungen durchgeführt werden. Dazu muss dann eine geschlossene Einrichtung her.

Wir haben hier eine geschlossenen Einrichtung in der Nähe, wenn ich keine andere Möglichkeit bei dem Kunden sehe bringe ich dort auch unter aber- schön und angenehm, vor allem Förderung sieht deutlich anders aus. Es ist ja jeder nicht gleich voll daneben, bei einigen mit dem Problem sind immer noch Kompetenzen sichtbar und werden auch genutzt. Soll ich diese mit einer geschlossenen Unterbringung "vernichten"?



Ich denke solche Überlegungen in diese Frage mit einfliessen zu lassen machen auch den Job des Betreuers aus- soziale Abwägungen zu treffen.

Ansonsten, wenn es um die reine Lehre der Justiz ginge, könnten oder müssten Betreuungen ja alleine von Anwälten geführt werden. Dafür wären sie geeignet und ausgebildet, wir als Soz.Päds o.ä. hätten da dann gar nichts zu suchen.

Imre Holocher 26.09.2018 21:39

Moin moin

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113347)
Ansonsten, wenn es um die reine Lehre der Justiz ginge, könnten oder müssten Betreuungen ja alleine von Anwälten geführt werden. Dafür wären sie geeignet und ausgebildet, wir als Soz.Päds o.ä. hätten da dann gar nichts zu suchen.

Unter diesen Umständen sollten aber niemals Menschen rechtlich betreut werden sondern ausschließlich Gesetzbücher.

MfG

Imre

FFB 28.09.2018 13:38

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113347)
Wenn jemand, weil er nicht damit konfrontiert ist gar nicht an`s Weggehen denkt, z.B. weil er nie eine Tür sieht dann ist das in meinen Augen das sog. mildere Mittel.

Natürlich muss in dieser Richtung immer das mildeste Mittel eingesetzt werden. Unser Thema ist hier aber doch die Frage, ob manche dieser milden Mittel bereits freiheitsentziehenden Charakter haben.

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113347)
Das wäge ich nicht rechtlich ab sondern lebenspraktisch. Diese freiheitsentziehenden Massnahmen können dann nicht auf den -hier- angenehmen Gerontoabteilungen durchgeführt werden. Dazu muss dann eine geschlossene Einrichtung her.

Geronto-Abteilungen, die ihre Bewohner durch gezielte Maßnahmen am Verlassen hindern, sind geschlossene Einrichtungen. Dass das auf möglichst angenehme Weise geschieht, ist sehr zu begrüßen; dennoch sind die Bewohner dort freiheitsentziehend untergebracht.

Zitat:

Zitat von michaela mohr (Beitrag 113347)
Wir haben hier eine geschlossenen Einrichtung in der Nähe, wenn ich keine andere Möglichkeit bei dem Kunden sehe bringe ich dort auch unter aber- schön und angenehm, vor allem Förderung sieht deutlich anders aus. Es ist ja jeder nicht gleich voll daneben, bei einigen mit dem Problem sind immer noch Kompetenzen sichtbar und werden auch genutzt. Soll ich diese mit einer geschlossenen Unterbringung "vernichten"?

Niemand verlangt, dass du jemanden in einer "härteren" Form unterbringst als notwendig. Es geht mir einzig allein darum, dass auch die "sanfteren" Unterbringungsformen freiheitsentziehend (und damit genehmigungspflichtig) sein können – unter Umständen selbst dort, wo die jeweilige Einrichtung das Gegenteil behauptet.

In meiner Region gibt es eine ganze Reihe von Seniorenpflegeheimen mit "beschützenden" (geschlossenen) gerontopsychiatrischen Abteilungen. Dort werden Ausgangstüren versteckt und/oder verschlossen, sodass die Bewohner nicht von selbst hinaus können. Um jemanden dort unterzubringen, braucht man eine gerichtliche Genehmigung nach § 1906 BGB.

michaela mohr 28.09.2018 18:26

Es dreht sich. Da sind zwei verschiedene Möglichkeiten-bei den einen geht es so, bei den anderen anders.:winke:


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