Dies ist ein Beitrag zum Thema sofortiger Bedarf Sozialamt im Unterforum Sozialleistungen / Einkommen - ALG, GruSi, EGH, BTHG , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Liebe Teilnehmenden,
mein Betreuter leidet unter einer fortgeschrittenen Chorea Huntington Erkrankung. Er war bis vor wenigen Monaten obdachlos und bezog ...
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19.02.2020, 10:08 | #1 |
Stammgastanwärter
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Beiträge: 467
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sofortiger Bedarf Sozialamt
Liebe Teilnehmenden,
mein Betreuter leidet unter einer fortgeschrittenen Chorea Huntington Erkrankung. Er war bis vor wenigen Monaten obdachlos und bezog überhaupt keine Leistungen. Nun hält er sich in körperlich und geistig stark beeinträchtigtem Zustand im Krankenhaus auf, ein Pflegeplatz wird für ihn gesucht. Ich konnte ihn bislang mit seinem Geld, das auf dem Verwahrgeldkonto einer zuletzt bewohnten Einrichtung sich befand, finanziell versorgen. Seine einzige Beschäftigung besteht darin, Kette zu rauchen. Nun geht sein Geld aus. Beim Sozialamt hatte ich einen Antrag auf SGB XII Grundsicherungsleistungen gestellt, parallel dazu einen Rentenantrag. Nun teilt das Sozialamt mit, dass es meinen Antrag erst bearbeitet, wenn die Erwerbsunfähigkeit festgestellt ist. Wenn der Betreute kein Geld für Zigaretten erhält verlässt er das Krankenhaus und begibt sich zum Betteln auf die Straße. In seinem gesundheitlichen Zustand keine schöne Vorstellung. Auf welchem Weg komme ich schenllstmöglich zu Geld für ihn?? Schöne Grüße Klima |
19.02.2020, 12:12 | #2 |
Moderator
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Beiträge: 5,819
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Statt Grusi HzL beantragen, mit Hinweis auf § 7 Abs 4 SGB II. Der Krankenhaus- und anschließende Pflegeheimplatz dürften ja wohl voraussichtlich 6 Monate übersteigen. Wobei unverzüglich gegen die Grusi-Ablehnung Widerspruch einzulegen ist, die hätten selbst merken müssen, dass HzL zuständig ist und den Antrag an die dafür zuständige Stelle im eigenen Haus weitergeben müssen (§ 16 SGB I). Zum Glück dürfte der Eingang bei der Grusi-Stelle zugleich als Kenntnisnahme nach § 18 SGB XII gelten. Nichts ins Bockshorn jagen lassen.
Daran denken, dass es auch im Krhs den Barbetrag nach § 27b Abs 2 (116,64) geben muss. Ist die KV gesichert? Ggf muss der KK das Ende des Ruhens nach § 16 Abs 3a SGB V angezeigt werden (Kopie HzL-Bescheid, sobald er vorliegt).
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Mit vielen Grüßen Horst Deinert Weitere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht.de |
19.02.2020, 14:48 | #3 |
Stammgastanwärter
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Beiträge: 467
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Lieber HorstD,
herzlichen Dank für die äußerst qualifizierte Anwort! Ja, natürlich habe ich nun HzL beantragt. Einen Widerspruch gegen die Grusi-Ablehnung bzw. eine Rücknahme meines Antrags habe ich geschrieben, allerdings war die Ablehnung mir lediglich telefonisch mitgeteilt worden. Krankenversichert ist der Betroffene, da er zuvor bereits freiwilliges Mitglied war und das Sozialamt die KV-Beiträge leistete. Ich befürchte nur, dass es doch noch einige Wochen dauern wird ehe sich der Betroffene über seinen Barbetrag mit Zigaretten eindecken kann. Schöne Grüße Klima |
19.02.2020, 20:11 | #4 |
Moderator
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Beiträge: 5,819
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Das mit den Beiträgen zur freiwilligen KV würde ich dennoch checken. Wenn derzeit kein laufender HzL/Grusi-Bezug besteht, werden für diese Zeit auch die KV-Beiträge nicht gezahlt (da diese ja Teil der Sozialhilfe sind, § 32 SGB XII). Bei ausbleibenden Beiträgen erklärt die KK das Ruhen der KV-Leistungen (§ 16 Abs. 3a SGB V). Nur die Akutbehandlung ist davon ausgenommen. Sobald der SHT wieder zahlt, muss das der KK mitgeteilt werden, damit sie das Ruhen beendet (und zwar auch dann, wenn die Rückstände für die „Lücke“ weiterhin bestehen).
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19.02.2020, 22:22 | #5 |
Forums-Gesellen-Anwärter
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Ort: Kreis Schleswig-Flensburg
Beiträge: 56
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Du schreibst, dass der Betroffene bis vor wenigen Monaten obdachlos und ohne Leistungsbezug war.
Und dass es noch Geld auf einem Verwahrgeldkonto einer Einrichtung gab, welche zuletzt bewohnt war und Krankenversicherungsschutz über das Sozialamt bestand. Ist der Betreute denn aus Obdachlosigkeit ins Krankenhaus gekommen oder aus einer Einrichtung heraus? Mir ist das aus der Beschreibung nicht klar geworden. Was für eine Unterbringung, also was für eine Einrichtung war das denn, also über welchen Kostenträger? Hat zwischen dem formalen Ende des Aufenthalts in der Einrichtung und dem Krankenhausaufenthalt Obdachlosigkeit bestanden? |
20.02.2020, 10:57 | #6 |
Stammgastanwärter
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Beiträge: 467
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Hallo phantasmagoria,
der Betreute lebte für ca. ein Jahr in einer Obdachlosenunterkunft. Dort wurde ihm zum 01.03.2019 der Platz gekündigt. Bei meiner Betreuungsübernahme im Oktober 2019 befand er sich in einer JVA. Zwischen März und Oktober war der Betroffene obdachlos. Nach einer Verlegung wurde er schließlich als haftuntauglich entlassen und in ein Krankenhaus gebracht. Hier wurde erstmals die fortgeschrittene Chorea Huntington - Erkrankung diagnostiziert. Nun hält sich der Betroffene noch im Krankenhaus auf und wartet auf einen Wechsel in eine Pflegeeinrichtung. Schöne Grüße Klima |
20.02.2020, 12:17 | #7 |
Stammgastanwärter
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Lieber HorstD,
Danke für Deinen Hinweis. Ich hatte mich bei der Krankenkasse bei Betreuungsübernahme erkundigt, ob die freiwilligen Beiträge bezahlt werden. Dies war der Fall. Ich erhielt keine Antwort auf meine Anfrage nach dem letzten Bescheid der zuständigen Wohnungslosenstelle des Sozialamts. Nun erfuhr ich heute, dass meinem Betreuten rückwirkend seitens der Krankenkasse gekündigt wurde! Ich bleibe nun insofern entspannt, da ich bei Betreuungsübernahme bereits einen SGB XII Antrag für die anstehenden Pflegeheimkosten stellte. Ich gehe doch davon aus, dass damit die rückwirkende Krankenversicherung sichergestellt ist. Oder ?? Schöne Grüße Klima |
20.02.2020, 12:20 | #8 | |
Routinier
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Beiträge: 1,257
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Zitat:
Grundsätzlich hätte der Betreute Anspruch auf Erstattung der Krankheitskosten durch das Sozialamt (und zwar auch jetzt schon, das Krankenhaus lebt auch nicht allein von Barmherzigkeit), vorrangig ist aber in jedem Fall die Klärung des Krankenversicherungsschutzes mit der Krankenkasse des Betreuten. |
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20.02.2020, 17:30 | #9 |
Moderator
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Beiträge: 5,819
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Doch, eine FREIWILLIGE KV kann weiterhin gekündigt werden. Vermutlich war das ja während des JVA-Aufenthaltes geschehen. In dieser Zeit bestand ja freie Heilfürsorge und wahrscheinlich hat niemand eine Anwartschaftsversicherung beantragt. Mit Entlassung aus der JVA war der Betreute aber (auch ohne sein Wissen) pflichtversichert nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V. Er bezog ja keine Sozialhilfe (und wohl auch kein ALG 2).
Also: als Betreuerin Kontakt zur KV, die Tatsache der Pflichtversicherung mitteilen, den Mindestbeitrag beantragen (rückwirkend ab JVA-Entlassung, § 44 SGB X). Gleichzeitig beim SHT Beitragsübernahme nach § 32 SGB XII beantragen. Sobald Sozialhilfebescheid vorliegt, Kopie an KK. Bei Sozialhilfebezug muss die KK wieder alle Leistungen bewilligen, auch wenn noch Rückstände bestehen (§ 16 Abs. 3a SGB V).
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21.02.2020, 07:25 | #10 | |
Forums-Gesellen-Anwärter
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Zitat:
Danke, dann ist mir die Ausgangssituation jetzt klarer. An Tipps habe ich nichts Neues beizutragen, was hier nicht schon gefallen wäre. Viel Erfolg. |
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