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Gesundheitssorge und Einwilligungen

Dies ist ein Beitrag zum Thema Gesundheitssorge und Einwilligungen im Unterforum Gesundheitssorge - Arzteinwilligungen - Krankenkasse , Teil der Rechtsfragen im Rahmen des Betreuungsrechts
Hallo zusammen, ich hab momentan einige Fragen zum Thema Gesundheitssorge. Fuer einen schwer alkoholkranken Betreuten habe ich vor einigen Monaten ...


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Alt 15.07.2023, 16:46   #1
Forums-Azubi
 
Registriert seit: 19.11.2018
Ort: Berlin
Beiträge: 43
Standard Gesundheitssorge und Einwilligungen

Hallo zusammen,

ich hab momentan einige Fragen zum Thema Gesundheitssorge. Fuer einen schwer alkoholkranken Betreuten habe ich vor einigen Monaten zusaetzlich den Aufgabenkreis Gesundheitssorge übernommen.
Es war immer problematisch, an die diversen Arztbriefe usw. zu kommen. Mein Betreuter hält sich leider für sehr kompetent, obwohl er schon so einiges durcheinander bringt und es ist immer sinnvoll, mal die andere Seite zu hoeren bzw. zu lesen.

Momentan ist die Situation ein wenig fatal, er soll schon seit ueber einem Jahr zu bestimmten Untersuchungen (Neurologie und Osteologie), fuer die immer Termine gemacht werden, die dann aber wegen Rueckfall in die Sucht nicht stattfinden.

Der Betreute kommt immer in dieselben zwei Krankenhaeuser zur Entgiftung und sucht sich auch regelmaessig selbst einen Platz.

Beim vorletzten Aufenthalt zur Entgiftung wurde eine Gastroskpoie und Coloskopie mit Gewebsentnahmen durchgefuehrt. Der Betreute hat sich dann drauf versteift, dass er mindestens einen ausgewachsenen Darmkrebs hat, auch wenn davon in den histologischen Befunden keine Rede ist.

Nebenbei: Den Helicobacter pylori wollte er nicht behandeln lassen - er behauptete steif und fest, dass dies nicht im Befund stehe und er diese Infektion nicht habe.

Zur letzten Entgiftung kam er in das Krankenhaus, wo vor Monaten die Gastroskopie durchgefuehrt wurde. Wie immer ging es drunter und drueber und am Ende wurde beschlossen, dass mein Betreuter fuer zwei Wochen entlassen und dann zur naechsten Spiegelung stationaer aufgenommenn werden soll.

Es gibgt keinen dringenden oder trifftigen Grund, um unbedingt nach wenigen Monaten schon wieder solch eine Spiegelung durchzufuehren. Letztendlich soll sie durchgefuehrt werden, um zu kontrollieren, ob ein entfernter Polyp auch richtig entfernt wurde.

In dem anderen Haus wurde die Notwendigkeit einer kurzfristigen Kontrolle nicht gesehen (soviel zum Thema Zweitmeinung).


Ich habe mich erkundigt und erfahren, dass mir auf jeden Fall ein Aufklaerungsgespraech angeboten werden muss - wenn ich mich damit begnuege, den Bogen zu unterschreiben ist es meine Sache.

Ich habe mit der behandelnden Ärztin gesprochen, die mir auch klar sagte dass die anderen Baustellen nicht bearbeitet werden koennen, da es diese Disziplinen in ihrem KH nicht gibt.

Sie hat dann eben eine Kontrollspiegelung angesetzt. Allerdings hat sie klar geaeussert, dass diese Spiegelungen keineswegs unbedingt ganz schnell usw. durchgefuehrt werden muessten.

Die histologischen Befunde sehen so aus, dass aus den entnommenen Geweben in den naechsten Jahrzehnten ein Krebs entstehen koenne (by the way: ich hab nicht schlecht gestaunt), mehr aber auch nicht.

Ich habe jetzt auf dem Aufklärungsgespräch bestanden, weiss aber auch, dass sich mein Betreuter fast schon auf den Eingriff freut! Er hat zwar eine Spritzenphobie und fuerchterliche Angst vor epileptischen Anfaellen, aber solche Spiegelungen laesst er schon seit Jahren gern durchfuehren.

Ich moechte nicht unterschreiben - auch weil ich denke, es waere deutlich wichtiger, dass sich ein Neurologe um die Krampfanfaelle kuemmert. Und die sieben eingebrochenen Wirbelkoerper sind ja auch nicht gerade eine Bagatelle!

Wie ich hier gelesen habe, kann mein Betreuter in die (immerhin invasive) Untersuchung auch ohne mein OK einwilligen.

Fuer mich waere das auch ok bzw. ein guter Kompromiss.
Kleist ist offline  
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Alt 15.07.2023, 18:23   #2
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 29.07.2022
Ort: Sachsen-Anhalt
Beiträge: 137
Standard

Solange es bei der Gesundheitssorge keinen Einwilligungsvorbehalt gibt oder andere (körperliche) Einschränkungen dagegen sprechen, darf der Betreute auch selbst entscheiden und unterschreiben.
ItsMe ist offline  
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Alt 15.07.2023, 18:42   #3
Forums-Azubi
 
Registriert seit: 19.11.2018
Ort: Berlin
Beiträge: 43
Standard

DANKE
Kleist ist offline  
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Alt 15.07.2023, 20:54   #4
Admin/Berufsbetreuer
 
Benutzerbild von Imre Holocher
 
Registriert seit: 16.03.2004
Ort: Betreuungsbüro Herrlichkeit 6 in 28857 Syke
Beiträge: 8,611
Standard

Moin moin


Es geht nicht nur um das Dürfen. Wenn die Betreuten einigermaßen peilen, worum es geht und auch eine Vorstellung davon haben, was sie wollen, dann SOLLEN sie sogar unterschreiben.

Die stellvertretende Unterschrift der BetreuerInnen soll nur dann gegeben werden, wenn die Betreuten nicht mehr können.

Auch wenn das manchmal schwer ist, den Medizinern zu vermitteln...
...und dann trotzdem von ihnen die notwendigen Informationen zu bekommen.



MfG
Imre
__________________
Fehler sind dazu da, um sie zu machen
und daraus zu lernen.
Fehler sind nicht dazu da, sie dauernd zu wiederholen.
Imre Holocher ist offline  
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Alt 16.07.2023, 01:04   #5
Dipl.Soz.Päd. / Berufsbetreuer
 
Registriert seit: 03.10.2007
Beiträge: 4,381
Standard

Moin,
ich habe gerade einen B. in der Klinik, Z.n. hypertonischer Entgleisung. Es gibt ein fachärztl. Gutachten aus 11/22, in dem zu lesen ist, daß er über med. Behandlungen selbst entscheiden oder auch ablehnen kann. (AKs insgesamt: Rechtsanträge, Sorge f.d. Gesundheit). Diagnose: Anpassungsstörung.


Nun kam er in die Klinik, es wurde eine org. Ursache gefunden, er muß operiert werden (Halsschlagade ist was drin).


Die Klinik weeigert sich ohne meine Einwilligung.


Ich schicke der Klinik ein Schreiben und verweise auf das gutachten, bitte ggf. um Stellungnahme, sollte sich etwas geändert haben.


Prompt bekomme ich ein Schreiben vom AG mit der Aufforderung zur Einwilligung. Das Gekritzel des Docs lautet "Aufgrund Alkoholkonsum kognitiv nicht in der Lage" und ob der B. einwilligen "darf"


Demnach müsste er dort also saufen, denn im Gutachten ist weder der alkohol erwähnt noch gibt es irgendwelche Befunde hierzu. (Anm.: sein Sohn behauptet den Suff. Ich konnte keine Hinweise vorfinden, die über einen sozial gerade noch akzeptierten Rahmen hinausgehen - Feuerwehr und so).



Was tun?
Tomas11 ist offline  
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Alt 16.07.2023, 04:05   #6
Forums-Geselle
 
Registriert seit: 29.07.2022
Ort: Sachsen-Anhalt
Beiträge: 137
Standard

Solange es keinen Einwilligungsvorbehalt gibt, "darf" er. Er ist ja nicht entmündigt und weiterhin geschäftsfähig.

Allerdings ist es wirklich so, dass viele Ärzte das nicht verstehen (wollen). Sobald die sehen, dass da ein Betreuer im Spiel ist, soll der sich gefälligst kümmern und den Spaß absegnen. Ich denke, die haben einfach nur Angst und wollen sich selbst (vor was auch immer) absichern. Da fehlt einfach eine notwendige umfassende Aufklärung zu dem Thema. Einige Ärzte lassen sogar lange geplante OPs ausfallen, wenn zum Termin keine Unterschrift vom Betreuer vorliegt (auch wenns in dem Fall nicht notwendig wäre).

Ich würde denen den Spaß unterschreiben und darauf hinweisen, dass du keinen Einwilligungsvorbehalt hast und solange der nicht besteht und von der Klinik auch kein Nachweis erbracht wurde, dass dieser aufgrund des Zustandes notwendig ist, "darf" der Betreute auch selbst unterschreiben. Inwiefern die unterschriebene Erklärung am Ende wirksam war, dürfen dann im Zweifelsfall die Juristen entscheiden.
ItsMe ist offline  
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Alt 16.07.2023, 09:26   #7
Moderator
 
Benutzerbild von HorstD
 
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Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,819
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Zitat:
Zitat von ItsMe Beitrag anzeigen
Solange es keinen Einwilligungsvorbehalt gibt, "darf" er. Er ist ja nicht entmündigt und weiterhin geschäftsfähig.
.
Da verwechseln Sie gerade den Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 BGB) mit der Einwilligungs(un)fähigkeit (§ 1827 BGB).

Der Einwilligungsvorbehalt wird vom Richter angeordnet, er führt partiell zu einer beschränkten Geschäftsfähigkeit. Spielt nur im Vertragsrecht eine Rolle. Kann zwar auch für den AB Gesundheitssorge angeordnet werden, beträfe dann aber nur den Behandlungsvertrag (§ 630a BGB). Vollkommen unüblich.

Die Einwilligungsunfähigkeit ist ein medizinischer Zustand, den der Arzt situativ zu beurteilen hat, angesichts des Aufklärungsversuchs (§ 630e BGB). Frühere Gutachten spielen nur eine Nebenrolle, es kommt auf den aktuellen Zustand an. Ist hiernach der Patient EU, muss der Betreuer (oder der Bevollmächtigte) einwilligen. Dann muss der Betreuer aufgeklärt werden, um (gemeinsam mit dem Arzt) den Patientenwillen zu eruieren (§ 1828 BGB). In Dissensfällen entscheidet der Richter (§ 1829 BGB)

Es sei denn wiederum, es liegt eine auf die Situation zutreffende Patientenverfügung vor (§ 1827 BGB), dann gilt die (Nicht-)Einwilligung als bereits erfolgt und bindet den Arzt ohne weiteres Handeln des Betreuers (§ 630d BGB). Hält der Arzt sich nicht dran, ist sein Eingriff eine Körperverletzung, seien die Motive auch noch so gut. Außerdem kennt das Strafrecht die mutmaßliche Einwilligung in Eilfällen, wenn weder Patient noch Betreuer/Bevollmächtigter mehr gefragt werden können.

Hier nähere Infos: https://www.lexikon-betreuungsrecht....gungsfähigkeit
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

Weitere Infos:

https://www.lexikon-betreuungsrecht.de
HorstD ist offline  
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Alt 16.07.2023, 15:49   #8
Forums-Geselle
 
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Ort: Sachsen-Anhalt
Beiträge: 137
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Hallo Horst,

soweit die Theorie. Aber in der Praxis kommt es leider ständig vor, dass von Ärzten die Unterschrift und Einwilligung in Behandlungen/OPs vom Betreuer angefordert wird, selbst wenn man denen versucht klarzumachen, dass der Patient/Betreute durchaus fähig und in der Lage ist, selbst darüber entscheiden zu können und das auch selbst quittieren kann.

Nicht alle Betreuten haben eine psychische Erkrankung, die hier ein Handeln und Eingreifen des Betreuers erforderlich machen würden. Nur das scheint von den Ärzten standardmäßig übersehen zu werden, sobald irgendwo klar ist "aha, der hat ja einen Betreuer".
ItsMe ist offline  
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Alt 16.07.2023, 16:02   #9
Admin/Berufsbetreuer
 
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Moin moin


Tja, das ist nun mal so.

Ich werde ja immer gescholten, weil ich behaupte, dass die Betreuungsarbeit auch was mit Pädagogik zu tun hat. Was so richtig rechtlich betreut will sich ja schließlich von dem ganzen "Sozialklamauk" abheben...
Weit gefehlt:
Hier stehen wir Betreuers vor der pädagogischen Aufgabe, Mediziner in Bereichen aufzuklären, die nicht originär medizinisch ist.



Dabei hilft u.a. das Info-Blatt des bdb

https://www.berufsbetreuung.de/mitgl...betreuerinnen/


MfG
Imre
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Imre Holocher ist offline  
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Alt 16.07.2023, 16:06   #10
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Ort: Duisburg, Ruhrgebiet, NRW
Beiträge: 5,819
Reden

Es macht es aber nicht besser, einen Irrtum durch einen anderen zu tauschen. Im übrigen: ob der Patient im Einzelfall wirksam über die Diagnose und die beabsichtigte Behandlung aufgeklärt werden kann, deren Ziele, Nebenwirkungen usw, verstanden hat (was ja die Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung ist, muss der Arzt beurteilen. Denn er ist es, der sich im Irrtumsfall strafbar machen würde.

Die pauschale Behauptung als Betreuer, der Betreute sei einwilligungsfähig, ist zumindest fahrlässig. Denn es geht immer um Betreuungen, bei denen der Richter den AK Gesundheitssorge für nötig hielt. Und damit dir Notwendigkeit des Handelns als gesetzlicher Vertreter. Dass Ärzte das schon mal mit der Einzelfallsituation verwechseln, ist daher nicht so fernliegend.

Zunächst mal: es kann sein, dass sich eine Krankheit gebessert hat - und als Folge tatsächlich keine Betreuereinwilligung mehr nötig ist. Dann wäre aber die erste Konsequenz: Einschränkung des Aufgabenkreises beantragen. Das führt auch insgesamt zu weniger Arbeit.

Weiter: ist das eine in Phasen verlaufende Krankheit, in denen der Betreute mal einwilligungsfähig ist und mal nicht, wird man, wenn der Arzt sich ohne vorherigen Aufklärungsversuch „erstmal“ an den Betreuer hält, ihn auffordern müssen, sich über den aktuellen Zustand zu informieren.
__________________
Mit vielen Grüßen
Horst Deinert

Weitere Infos:

https://www.lexikon-betreuungsrecht.de
HorstD ist offline  
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